Leitsatz
Aus der Ehe der Parteien waren zwei minderjährige Kinder hervorgegangen. Die Kindesmutter zog am 3.9.2008 mit beiden Kindern aus der ehelichen Wohnung aus und begab sich von dort mit ihnen in ein Frauenhaus. Beide Eltern stellten im Hauptsacheverfahren widerstreitende Anträge zur elterlichen Sorge. Der Vater beantragte darüber hinaus, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder zu übertragen. Erstinstanzlich wurde seinem Antrag stattgegeben. Die hiergegen von der Mutter eingelegte Beschwerde führte zur Zurückweisung des Antrages des Vaters im einstweiligen Anordnungsverfahren.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, die Voraussetzungen für die vom FamG erlassene einstweilige Anordnung hätten nicht vorgelegen.
Grundsätzlich könne - je nach den konkreten Gegebenheiten auch bei im Grunde gleicher Erziehungseignung der Eltern - der Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich sein, wenn Kinder von dem Elternteil, das aus der gemeinsamen Wohnung ausziehe, mitgenommen würden und sie diese Änderung ihrer Lebensverhältnisse nicht verkrafteten. In Sorgerechtsstreitigkeiten sei jedoch zu berücksichtigen, dass die vorzunehmende Abwägung nicht an einer Sanktion des Fehlverhaltens eines Elternteils, sondern vorrangig am Kindeswohl zu orientieren sei (BVerfG, FamRZ 2007, 1626).
Eine einstweilige Anordnung komme auch dann in Betracht, wenn ein Elternteil die Hauptbezugsperson der Kinder sei und sie von dieser Hauptbezugsperson getrennt würden und darunter litten. Schließlich sei eine einstweilige Anordnung auch dann angebracht, wenn die getrennt lebenden Eltern sich immer wieder wechselseitig der Kinder bemächtigten, weil ein solches unkoordiniertes Hin und Her für die Kinder eine schwere Belastung und starke Verunsicherung bedeuteten (OLG Karlsruhe, FamRZ 1990, 304 [305]; Senat, a.a.O.; OLG Brandenburg - 1. Senat für Familiensachen, a.a.O.).
Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens seien die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, der Antragsteller mit seinem Antrag im Hauptsacheverfahren aber später Erfolg hätte, ggü. den Nachteilen abzuwägen, die entständen, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, dem Antragsteller in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre.
Daher entspreche es regelmäßig dem Wohl des Kindes nicht, eine bereits vollzogene einstweilige Anordnung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht ohne schwerwiegende Gründe abzuändern und somit vor der Entscheidung des AG in der Hauptsache über einen erneuten Ortswechsel zu befinden. Dementsprechend komme auch eine einstweilige Anordnung, die zu einem Obhutswechsel der Kinder führe, nur ausnahmsweise in Betracht. Bei noch offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens wäre anderenfalls ein mehrfacher Wechsel des Wohnortes und der unmittelbaren Bezugsperson zu gewärtigen, der das Kindeswohl in nicht unerheblichem Maße beeinträchtigen würde.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei ein Regelungsbedürfnis für die vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Vater nicht gegeben. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens sei offen. Anhaltspunkte dafür, dass ein unverzügliches Einschreiten dahin geboten sei, die sofortige Rückführung der Kinder in den Haushalt des Vaters anzuordnen, seien nicht gegeben.
Es sei auch nicht ersichtlich, dass das Wohl der Kinder eine sofortige Beendigung des Aufenthalts im Frauenhaus gebieten könnte, zumal sowohl die Kinder als auch ihre Mutter dort Hilfestellung von geschultem Personal erwarten könnten. Das Jugendamt habe mitgeteilt, dass die Mutter demnächst eine eigene Wohnung beziehen wolle. Beide Kinder besuchten bereits eine Förderschule in ihrer neuen Umgebung.
Bei Erlass der von dem Vater beantragten einstweiligen Anordnung müssten die Kinder nicht nur eine Trennung von ihrer Mutter hinnehmen, sondern darüber hinaus einen erneuten Schulwechsel verkraften. Erwiese sich sodann im nachfolgenden Hauptsacheverfahren das Begehren der Mutter für begründet, wäre ein weiterer Wohnortwechsel der Kinder und ein weiterer Schulwechsel zu gewärtigen.
Überdies seien Beeinträchtigungen des Kindeswohls für den Fall des Aufenthalts in dem Haushalt des Kindesvaters nach dem Vortrag der Mutter nicht auszuschließen, die ihm übermäßigen Alkoholkonsum und Gewalttätigkeit ggü. den Kinder vorgeworfen habe. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass das Jugendamt darauf hingewiesen habe, dass die Kinder sich nach Erlass der angefochtenen Entscheidung dagegen zur Wehr gesetzt hätten, mit dem Vater mitzugehen. Die Weigerungshaltung der Kinder könne darauf hindeuten, dass sie stärkere Bindungen an ihre Mutter als an ihren Vater hätten. Jedenfalls liege es schon mit Rücksicht auf die von dem Vater selbst vorgetragene Berufstätigkeit nahe, dass die Mutter bislang die Hauptbezugsperson für die Kinder gewesen sei. Bei Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung bestände daher die Gefahr, dass es z...