Rz. 431
Als Gegenstück zu den weit reichenden Geschäftsführungsbefugnissen der Geschäftsführer stehen die hohen Anforderungen an die Loyalität und Integrität des Geschäftsführers. Das englische Recht enthält gesetzliche und durch das Fallrecht entwickelte Verpflichtungen zur Offenlegung von Geschäftsinteressen des Geschäftsführers, wenn Verträge zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft geschlossen werden sollen, und strikte Haftungsregeln, wenn der Geschäftsführer gegen diese Verpflichtungen verstößt. Durch den CA 2006 ist es zu einer Kodifizierung der Pflichten gekommen, d.h., die überkommene Unterscheidung zwischen Pflichten des Common Law und kraft Gesetzes ist überholt. Die Darstellung behandelt die erstmals kodifizierten Pflichten in Rdn 436 ff.
aa) Darlehen der Gesellschaft an die Geschäftsführer
Rz. 432
Einem Geschäftsführer ist es kraft Gesetzes verboten, Darlehen und darlehensähnliche Rechtsgeschäfte mit seiner Gesellschaft zu tätigen. Das gesetzliche Verbot greift aber erst ab einem de minimis-Betrag von 5.000 britischen Pfund ein (Sec. 197, 204–209 CA 2006). Auch die Mustersatzung erlaubt hiervon keine weitere Ausnahme.
Rz. 433
Von den gesetzlichen Vorschriften umfasst sind echte Darlehen (loans) und Quasi-Darlehensverhältnisse (quasi-loans). Quasi-Darlehensverhältnisse beschreiben Stundungen, wenn z.B. der Geschäftsführer private Aufwendungen hat, von denen ihn die Gesellschaft zunächst durch Zahlung an den Gläubiger freistellt, und der Geschäftsführer erst später gegenüber der Gesellschaft tilgt. Erfasst sind ebenfalls Verträge, in denen der Geschäftsführer von der Gesellschaft Waren auf Ziel (credits) erwerben kann. Es ist grundsätzlich unerheblich, ob die Rechtsgeschäfte mit dem Geschäftsführer selbst oder mit ihm nahestehenden Personen abgeschlossen werden. Die gesetzlichen Regelungen sind sehr detailliert und enthalten weitere Verschärfungen im Fall von Unternehmensgruppen. Für die isolierte Ltd. außerhalb eines Konzerns existieren jedoch für Rechtsgeschäfte mit nahestehenden Personen Einschränkungen vom grundsätzlichen Verbot.
Rz. 434
Die Gesellschaft hat im Fall eines Verstoßes das Recht, sich auf die Unwirksamkeit des Vertrags zu berufen und kann Schadensersatz vom Empfänger der Zahlung verlangen. Der Geschäftsführer selbst muss der Gesellschaft alle Früchte aus dem unwirksamen Darlehensgeschäft überlassen, die er mit Hilfe der Darlehensvaluta erzielt hat.
bb) Zustimmungsbedürftigkeit wesentlicher Vertragsabschlüsse
Rz. 435
Verträge, bei denen zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer Austauschgeschäfte (substantial property transactions) über den Erwerb oder Verkauf von beweglichen und unbeweglichen körperlichen Vermögensgegenständen (non-cash assets) abgeschlossen werden, sind seitens der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit zustimmungsbedürftig (Sec. 190 CA 2006). Dies ist dann der Fall, wenn die vertragliche Vergütung mehr als 100.000 britische Pfund beträgt oder 10 % des Wertes der Aktiva der Gesellschaft übersteigt. Die Regelung beabsichtigt, verdeckte Gewinnausschüttungen zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer zu verhindern. Die Gesellschafterversammlung kann dem Vertragsabschluss mit einfacher Mehrheit zustimmen, jedoch nur vor dem Vertragsabschluss.