Alexander C. Blankenstein
Mit der Entlastung billigen die Wohnungseigentümer die zurückliegende Amtsführung des Verwalters für den jeweils genannten Zeitraum als dem Gesetz, der Gemeinschaftsordnung und seinen vertraglichen Pflichten entsprechend. Gleichzeitig sprechen die Wohnungseigentümer dem Verwalter auf diese Weise für die künftige Verwaltertätigkeit ihr Vertrauen aus. Dabei hat die Entlastung rechtlich die Wirkung eines negativen Schuldanerkenntnisses gegenüber dem Verwalter gemäß § 397 Abs. 2 BGB, das jegliche nicht aus einer Straftat resultierenden Schadensersatzansprüche und anderen konkurrierenden Ansprüche wegen solcher Vorgänge ausschließt, die die Wohnungseigentümer bei gehöriger, zumutbarer Sorgfalt mindestens hätten erkennen können.
Keine Entlastung für strafbare Handlungen
Für strafbare Handlungen kann dem Verwalter niemals "Entlastung" erteilt werden, selbst wenn diese den Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung positiv bekannt waren.
Fehlbuchung und Unterschlagung
Die Mitarbeiterin der Vorverwalterin hatte eine Fehlbuchung in Höhe von 3.000 EUR zulasten der ehemals verwalteten Eigentümergemeinschaft veranlasst. Für die entsprechende Wirtschaftsperiode wurde der Verwalterin Entlastung erteilt. Der Nachfolgeverwalter deckte Unterschlagungen der Vorverwalterin auf. In diesem Zusammenhang begehrte die Wohnungseigentümergemeinschaft neben den unterschlagenen Geldern auch Ersatz für die 3.000 EUR aufgrund der Fehlbuchung.
Die Klage musste bezüglich der Fehlbuchung in Höhe von 3.000 EUR scheitern. Der hieraus entstandene Schadensersatzanspruch war durch die Entlastung der Vorverwalterin für das betreffende Geschäftsjahr nachträglich erloschen. Freilich war die Klage aber insoweit erfolgreich, als sie die unterschlagenen Gelder zum Gegenstand hatte.
Entlastung sollte seitens der Eigentümer nicht erteilt werden
Wie das Beispiel zeigt, sind die 3.000 EUR infolge fahrlässiger Fehlbuchung durch den Verwalter im Zuge der Entlastung für die Eigentümergemeinschaft unrettbar verloren. Aus diesem Grund sollte dem Verwalter aus Sicht der Wohnungseigentümer niemals Entlastung erteilt werden. Ist ein entsprechender Beschlussantrag zur Tagesordnung gestellt und stimmen die Wohnungseigentümer mehrheitlich gegen eine Entlastung, hatte der Verwalter bereits vor Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 kein Rechtsschutzbedürfnis mit Blick auf eine entsprechende Anfechtungsklage, da er keinen Anspruch auf Entlastung hat. Seit Inkrafttreten des WEMoG hat der Verwalter bereits kein Recht mehr, eine Beschlussklage nach § 44 WEG zu erheben.
Die Entlastung bezieht sich stets ausschließlich auf die gemeinschaftlichen und durch die GdWE geltend zu machenden Ansprüche, nicht auch auf die individuellen Ansprüche einzelner Eigentümer im Zusammenhang mit deren Sondereigentum.
Verzögerte Beschlussdurchführung
Im Bereich einer Wohnung waren mangels ausreichender Isolierung Feuchtigkeitsschäden an der Außenwand aufgetreten. Die Wohnungseigentümer hatten entsprechende Erhaltungsmaßnahmen beschlossen. Nachdem der Verwalter den Beschluss auch nach Ablauf eines Jahres noch nicht umgesetzt hatte, war die Wohnung mittlerweile unbewohnbar geworden. Dem Verwalter wurde im Rahmen der Eigentümerversammlung bestandskräftig Entlastung erteilt.
Der dargestellten Konstellation liegt die frühere Rechtslage zugrunde, nach welcher der Verwalter gegenüber den Wohnungseigentümern zur Beschlussdurchführung verpflichtet war.
Die Pflicht zur Beschlussdurchführung trifft seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 die GdWE, da ihr nach § 18 Abs. 1 WEG die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums obliegt. Der Verwaltervertrag entfaltet seit Inkrafttreten des WEMoG keine Schutzwirkung mehr zugunsten der Wohnungseigentümer. Geschädigte Wohnungseigentümer können Ansprüche also nicht direkt gegen den Verwalter sondern nur gegen die GdWE geltend machen. Wird dem Verwalter nun Entlastung erteilt, hat die Gemeinschaft keinen Regressanspruch mehr gegen den Verwalter.
Weitere Konsequenzen erteilter Entlastung
Ist dem Verwalter Entlastung erteilt worden, so stand der Entlastungsbeschluss nach früherer Rechtslage auch einer Abberufung des Verwalters oder einer Kündigung des Verwaltervertrags entgegen, soweit Abberufung oder Kündigung auf Gründe gestützt wurden, die vom Entlastungsbeschluss umfasst waren.
Nach nunmehr auf Grundlage des WEMoG geltender Rechtslage ist zu differenzieren: Die Abberufung des Verwalters kann jederzeit auch grundlos erfolgen. Auch ein Entlastungsbeschluss steht der Abberufung nicht entgegen. Allerdings kann die außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrags nicht auf Gründe gestützt werden, die vom Entlastungsbeschluss umfasst sind. Nach § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG endet der Verwaltervertrag spätestens 6 Monate nach der Abberufung des Verwalters. Wurde also dem Verwalter Entlastung erteilt und ist die Vertragslaufzeit nicht an den Bestellungszeitraum gekoppelt, kann der Verwalter bis zu 6 Monate nach seiner ...