Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Eigentümerbeschluss über Entziehung eines Wohnungseigentums ist im Beschlussanfechtungsverfahren nur auf Beschlussmängel zu überprüfen
Ob Entzug von Bruchteils-Miteigentum gefordert werden kann, bleibt offen
Erstmalige Herstellung eines gemeinschaftlichen Versorgungsweges nicht in voller Länge notwendig
Normenkette
§ 18 Abs. 3 WEG, § 21 Abs. 4 WEG, § 22 WEG
Kommentar
1. Der Eigentümerbeschluss, durch den von einem Wohnungseigentümer die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangt wird (Entziehungsbeschluss), ist im wohnungseigentumsrechtlichen Beschlussanfechtungsverfahren nur auf Mängel zu überprüfen, die das Zustandekommen und den Inhalt des Beschlusses betreffen. Ob das Veräußerungsverlangen gerechtfertigt ist, bleibt einer Überprüfung durch das Prozessgericht im ggf. nachfolgenden Veräußerungsverpflichtungsverfahren vorbehalten.
2. Offen bleibt, ob von einem von mehreren Bruchteilseigentümern eines Wohnungseigentums (z.B. einem Ehegatten) die Veräußerung seines Miteigentumsanteils verlangt werden kann. Ein entsprechender Beschluss ist insoweit auszulegen (uneingeschränktes Überprüfungsrecht dieser Rechtsfrage durch das Rechtsbeschwerdegericht). Vorliegend ergab die Auslegung des Beschlusses, dass der anfechtende Antragsteller verpflichtet werden sollte, allein seinen Bruchteil am Wohnungseigentum zu veräußern. Ob das Veräußerungsverlangen jedoch materiell gerechtfertigt ist (als Prozessvoraussetzung für die Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums), war im Beschlussanfechtungsverfahren - wie erwähnt - nicht zu entscheiden.
3. Es kann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, dass Wohnungseigentümer beschließen, einen im Aufteilungsplan vorgesehenen, aber seit Entstehung der Anlage (vor etwa 15 Jahren) nicht angelegten gemeinschaftlichen Versorgungsweg (zur Entsorgung von Gartenabfällen) im Rahmen der erstmaligen Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes nicht in seiner vollen Länge herzustellen. Da entsprechend begünstigte Eigentümer keinen Wert auf den Weg legten, bestand auch keine Veranlassung, diesen auch vor deren Sondernutzungsflächen anzulegen; eine solche Maßnahme, die nur mit Kosten für alle Eigentümer verbunden wäre, widerspräche ordnungsgemäßer Verwaltung.
4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung in allen Rechtszügen bei Geschäftswert in Dritter Instanz von DM 110.000.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 04.03.1999, 2Z BR 20/99= BayObLGZ 1999 Nr. 18)
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