Leitsatz
- Der Eigentümerbeschluß, durch den von einem Wohnungseigentümer die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangt wird, ist im wohnungseigentumsrechtlichen Beschlußanfechtungsverfahren nur auf Mängel zu überprüfen, die das Zustandekommen und den Inhalt des Beschlusses betreffen. Ob das Veräußerungsverlangen gerechtfertigt ist, bleibt einer überprüfung durch das Prozeßgericht vorbehalten.
- Offenbleibt, ob von einem von mehreren Bruchteilseigentümern eines Wohnungseigentums, z. B. einem Ehegatten, die Veräußerung seines Miteigentumsanteils verlangt werden kann.
- Es kann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, daß die Wohnungseigentümer beschließen, einen im Aufteilungsplan vorgesehenen, aber nicht angelegten Versorgungsweg im Rahmen der erstmaligen Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands nicht in seiner vollen Länge herzustellen.
Sachverhalt
Auf einer Wohnungseigentümerversammlung wurde u. a. der Beschluß gefaßt, ein Wohnungseigentümer müsse sein Wohnungseigentum veräußern, da er sich gegenüber einem anderen Wohnungseigentümer einer derart schweren Pflichtverletzung schuldig gemacht habe, daß den Wohnungseigentümern eine Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden könne.
Der betreffende Wohnungseigentümer hat diesen Beschluß nunmehr angefochten und ist der Auffassung, das Veräußerungsbegehren sei ungerechtfertigt.
Entscheidung
Ob das Veräußerungsbegehren seinem Inhalt nach nun tatsächlich gerechtfertigt ist oder aber nicht, spielt im Rahmen des Beschlußanfechtungsverfahrens vor dem Wohnungseigentumsgericht keine Rolle.
Wenn ein Eigentümerbeschluß nach § 18 Abs. 3 WEG gefaßt wird, kann dieser im Beschlußanfechtungsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob formelle Mängel beim Zustandekommen des Beschlusses vorlagen, ob das Veräußerungsverlagen jedoch materiell gerechtfertigt ist, wird hier nicht überprüft. Der Grund hierfür ist ganz einfach: Der Eigentümerbeschluß auf Veräußerung eines Wohnungseigentums ist Prozeßvoraussetzung für die Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums. Soweit also der betreffende Wohnungseigentümer nicht innerhalb der im Beschluß genannten Frist veräußert hat, können die Wohnungseigentümer auf Entziehung des Wohnungseigentums klagen. Im Rahmen dieses Verfahrens wird dann aber durchaus geprüft, ob denn auch triftige Gründe für eine Entziehung des Wohnungseigentums sprechen, ob das Veräußerungsbegehren der Eigentümergemeinschaft also auch materiell-rechtlich gerechtfertigt ist.
In diesem Zusammenhang hatten es die Richter in diesem Verfahren auch hinsichtlich einer weiteren Frage recht leicht: Die Eigentumswohnung gehörte nämlich einem Ehepaar. Nun richtete sich aber der Veräußerungsbeschluß nur gegen den Ehemann, der sich der angeblichen schweren Pflichtverletzung schuldig gemacht hatte. Die Eigentumswohnung gehört also mehreren Personen - den beiden Ehegatten - als Bruchteilseigentümern. Ob nun aber von einem der Miteigentümer die Veräußerung seines Anteils gemäß § 18 WEG verlangt werden kann, betrifft aber weder das Zustandekommen noch den Inhalt des Eigentümerbeschlusses und mußte daher im vorliegenden wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren nicht geklärt werden.
Link zur Entscheidung
BayObLG, Beschluss vom 04.03.1999, 2Z BR 20/99
Fazit:
Letztlich dürfte aber die zum Schluß aufgeworfene Frage zu bejahen sein. Denn das Ziel der Eigentümergemeinschaft, den Wohnungseigentümer auszuschließen, kann diese nur dadurch erreichen, daß dieser verpflichtet wird, sein Wohneigentum zu veräußern. Als Bruchteilseigentümer kann er dabei aber grundsätzlich auch frei über seinen Anteil an der Wohnung verfügen, diesen also auch unabhängig von dem Anteil seiner Ehefrau veräußern. Ein anderes Ergebnis wäre im Hinblick auf die Ehefrau auch unbillig, müßte diese nämlich dann ihren Anteil auch verkaufen.