Leitsatz

  • Zu unklarer Wohnungseigentums-Entziehungsbeschluss

    Einberufungsmangel als Beschlussungültigkeitsgrund hier ursächlich

    Ebenfalls angefochtener formfehlerheilender "Bestätigungsbeschluss" ändert am Rechtsschutzbedürfnis der Anfechtung des vorausgegangenen, angefochtenen Beschlusses nichts

    Ruhen des Verfahrens wegen Nichtzahlung des angeforderten Kostenvorschusses rechtfertigt nicht, von einer Säumnis der Anfechtungsfrist und Antragszurückweisung auszugehen

 

Normenkette

§ 18 Abs. 3 WEG, § 23 Abs. 2, 4 WEG, § 24 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG

 

Kommentar

1. Soll in einer Eigentümerversammlung einem Eigentümer gem. § 18 Abs. 3 WEG durch entsprechenden Beschluss das Eigentum entzogen werden, so muss ein solches Beschlussthema aus der Einladung klar hervorgehen und für jeden Eigentümer erkennbar sein. Jeder Eigentümer soll sich bereits vor der Versammlung überlegen und entscheiden können, ob er an der Versammlung überhaupt teilnehmen will und ggf. die Möglichkeit haben, sich auf die Erörterung und Beschlussfassung der anstehenden Fragen vorzubereiten, wobei es zwar nicht erforderlich ist, dass die Eigentümer von vorneherein alle Einzelheiten des Gegenstandes übersehen und die Auswirkungen eines etwaigen Beschlusses erkennen können; andererseits muss allerdings aus der Einladung und der Tagesordnung für jeden Eigentümer erkennbar sein, "worüber" zu einzelnen Tagesordnungspunkten Beschluss gefasst werden soll. Dies gebietet das schutzwürdige Informationsbedürfnis des einzelnen Eigentümers gerade bei einer Angelegenheit von so erheblicher Bedeutung wie der der Entziehung eines Wohnungseigentums nach § 18 Abs. 3 WEG.

Im vorliegenden Fall entsprach das Ladungsschreiben nicht diesen Anforderungen, auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bereits etwa ein Jahr vorher entsprechende Entziehungsbeschlussfassung erfolgt war. In der neuerlichen Einladung fand sich keinerlei Bezug und Hinweis auf diesen vorausgegangenen Beschluss. Damit musste für die einzelnen Eigentümer nicht klar sein oder sich auch nur aufdrängen, dass in neuerlicher Versammlung erneuter Entziehungsbeschluss beabsichtigt war.

2. Dieser Formverstoß führt zur Ungültigkeit des angefochtenen Beschlusses; etwas anderes würde nur gelten, wenn feststünde, dass der Beschluss bei ordnungsgemäßer Einladung genauso gefasst worden wäre (h.R.M.). Die Feststellung, ein Einberufungsmangel sei für einen ergangenen Beschluss nicht kausal gewesen, ist allerdings nur zulässig, wenn kein vernünftiger Zweifel daran in Betracht kommt, dass auch bei ordnungsgemäßer Einberufung und Durchführung der Versammlung das Beschlussergebnis weder hätte beeinflusst werden noch im Ergebnis hätte anders lauten können. Dies bedeutet, dass die Möglichkeit, dass bei ordnungsgemäßer Einladung die Wohnungseigentümerversammlung einen anderen Verlauf genommen hätte und das Beschlussergebnis anders ausgefallen wäre, nicht nur unwahrscheinlich sein muss, sondern bei vernünftiger Betrachtung unter keinen Umständen in Betracht kommen kann. Vorliegend vermochte der Senat dies nicht festzustellen. Allein die Vermutung, dass sich auch ohne Einberufungsmangel erneut eine Mehrheit für eine Entziehungsbeschlussfassung gefunden hätte, rechtfertigt noch nicht den zwingenden Schluss, dass bei ordnungsgemäßer Einberufung ein gleich lautender Mehrheitsbeschluss gefasst worden wäre. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einem klaren Hinweis auf eine neuerlich beabsichtigte Beschlussfassung zu § 18 Abs. 3 WEG in der Einladung auch Wohnungseigentümer an der Versammlung persönlich teilgenommen hätten, die ihr nunmehr jedoch entweder ferngeblieben seien oder die sich hätten vertreten lassen. Immerhin fehlten in der besagten Versammlung 17 stimmberechtigte Eigentümer von insgesamt 46 Stimmberechtigten. Bei einer Erörterung auch unter Anwesenheit jetzt ferngebliebener, weiterer Eigentümer hätte durchaus auch ein Austausch der Argumente dazu führen können, dass es zu einer milderen Reaktion gegenüber dem störenden Beteiligten gekommen wäre.

3. Dass auch der früher angefochtene Beschluss durch einen weiteren Beschluss bestätigt wurde, hat auf das vorliegende Verfahren keinen Einfluss; denn auch der bestätigende Beschluss ist angefochten und hierüber ist noch nicht entschieden. Es besteht nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des früheren Beschlusses; dieses würde erst entfallen, wenn der bestätigende Beschluss bestandskräftig geworden wäre. Von rückwirkender Formfehlerheilung kann selbst durch den Bestätigungsbeschluss nicht gesprochen werden. Wie der BGH (WE 89, 48) im Hinblick auf die Entscheidung des BayObLG (BayObLGZ 1977, 226) ausgeführt hat, bedeutet der Umstand, dass ein bestätigender Beschluss trotz Anfechtung so lange wirksam ist, als er nicht rechtskräftig für ungültig erklärt ist, nicht, dass früher begangene, später aber vermiedene Formfehler geheilt sind. Würde nämlich der bestätigende Beschluss für ungültig erklärt, so verlöre er von Anfang an seine Wirkung und könnte keinerlei Hei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?