Die Vorschrift des § 780 Abs. 1 ZPO eröffnet dem Erben die Möglichkeit des Vorbehaltes der beschränkten Erbenhaftung. Es bedarf keines Antrags, die bloße Einrede genügt.
Im Rahmen eines erbrechtlichen Mandats ist die Geltendmachung dieser prozessualen Einrede Anwaltspflicht!
Die Einrede sollte, um allen Regressrisiken aus dem Wege zu gehen, vorsorglich immer – zumindest hilfsweise, d. h. selbst bei vermeintlich positivem Nachlass – erhoben werden, da es nicht unwahrscheinlich ist, dass nachträgliche Änderungen wie Kursverfall bei Aktien, Wertminderungen oder ein Auftauchen unbekannter Forderungen dazu führen können, dass ein Nachlass nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens dürftig wird. Dann wäre der haftende Erbe präkludiert.
Der Vorbehalt der Erbenhaftung wird nur dann in das Urteil aufgenommen, wenn der Erbe wegen einer reinen Nachlassverbindlichkeit in Anspruch genommen wird. Er kommt nicht in Betracht, sobald auch eine Eigenverbindlichkeit im Raume steht.
2.6.1 Haftungsbeschränkung im Erkenntnisverfahren
Im Prozess ist eine Beschränkung der Erbenhaftung nicht von Amts wegen, sondern wie vorstehend dargelegt gemäß § 780 ZPO nur auf die Einrede des Erben hin zu berücksichtigen, die grundsätzlich bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im Erkenntnisverfahren erhoben werden kann.
Wird der Haftungsvorbehalt geltend gemacht, kann das Gericht nach freiem Ermessen die behauptete Erschöpfung des Nachlasses materiell prüfen oder dem beklagten Erben gemäß § 780 Abs. 1 ZPO die Haftungsbeschränkung vorbehalten. ABER: Dieser Vorbehalt wird nur auf entsprechende Einrede des Erben in das Urteil aufgenommen!
Tritt ein Erbe in den Rechtsstreit des Erblassers ein, ist der Vorbehalt zusätzlich zur Hauptsache auch für die Prozesskosten zu erheben und gesondert in den Urteilstenor aufzunehmen.
Fehlt der Ausspruch des Vorbehalts im Urteilstenor, kann er im Falle einer rechtskräftig gewordenen Entscheidung nicht mehr nachgeholt werden. Es bleibt dann bei der unbeschränkten Erbenhaftung.
Der Haftungsvorbehalt sollte daher auch in urteilsgleiche Titel aufgenommen werden, namentlich auch in einen Prozessvergleich.
Beruft sich ein Beklagter auf die Einrede der beschränkten Erbenhaftung, ist ihm selbst dann Prozesskostenhilfe für die gesamte Rechtsverteidigung zu bewilligen, wenn die Klage in der Sache begründet ist. Da der Streitgegenstand insoweit nicht teilbar ist, führt die Beschränkung aufgrund der Erhebung der Einrede nicht zu einer Senkung des Streitwertes.
Eine erstmals im Berufungsverfahren erhobene Einrede der beschränkten Erbenhaftung ist unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Der BGH hat diese Entscheidung in Anlehnung an die Möglichkeit der Erhebung der Verjährungseinrede in zweiter Instanz getroffen. Sowohl die Erhebung der Verjährungseinrede als auch die Einrede der beschränkten Erbenhaftung "betreffen die Zulässigkeit der Berücksichtigung unstreitigen und damit nicht beweisbedürftigen Vorbringens". Der in § 531 ZPO genannte Begriff "neue Angriffs- und Verteidigungsmittel" soll nach der Auffassung des Senats lediglich streitiges und somit beweisbedürftiges Vorbringen umfassen. Die Einrede der beschränkten Erbenhaftung erfordert weder einen Sachvortrag noch eine Begründung. Das Gericht nimmt den Vorbehalt immer dann in den Tenor auf, wenn eine Verurteilung als Erbe des Schuldners erfolgt. Regelmäßig werden die zugrundeliegenden Tatsachen, d. h. der Erbfall selbst sowie die Erbenstellung des Beklagten, allerdings unstreitig sein. Letztlich stützt der Kläger seinen Antrag gerade hierauf, sodass einer Zulassung der Einrede auch in zweiter Instanz nichts im Wege steht.
Die Einrede der beschränkten Erbenhaftung ist spätestens in zweiter Instanz zu erheben und zulässig.
2.6.2 Reaktion des Klägers auf die Haftungsbeschränkungseinrede
Hat der beklagte Erbe die Einrede der beschränkten Erbenhaftung erhoben, kann der Kläger eine Verurteilung ohne Vorbehalt nur erreichen, indem er darlegt, dass der Erbe unbeschränkbar haftet. Dazu kann er beispielsweise vortragen, dass der Erbe eine gesetzliche Inventarfrist schuldhaft versäumt (§ 1994 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder der Erbe ihm gegenüber die eidesstattliche Versicherung verweigert habe, der Erbe wegen Inventaruntreue hafte (§ 2005 Abs. 1 BGB) oder der Erbe die Inventarerrichtung verweigert habe (§ 2006 BGB) und natürlich auch, dass der Erbe ihm gegenüber rechtsgeschäftlich auf eine Haftungsbeschränkung verzichtet habe.
Erkennt der klagende Nachlassgläubiger die Haftungsbeschränkung als unstreitig an, sollte er aus Kostengründen seinen Antrag dahingehend umstellen, dass nur noch Vollstreckung in den Nachlass verlangt wird.
Der BGH hat die bislang ungeklärte Frage, ob der Kläger, der in der Sache zwar obsiegt hat, die Verurteilung jedoch nur unter dem Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung erfolgte, zulässigerweise B...