Dipl.-Finw. (FH) Norbert Weinmann
Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer ist der steuerpflichtige Erwerb. Als solcher gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht ausdrücklich steuerfrei ist (§ 10 Abs. 1 ErbStG).
Die Ermittlung dieser Bemessungsgrundlage erfolgt in folgenden Schritten, wobei sachliche (gegenständliche) Steuerbefreiungen bereits im Rahmen der Ermittlung des Vermögensanfalls berücksichtigt werden:
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Gesamter Vermögensanfall (Bestand und Wert des übertragenen Aktivvermögens) |
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abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten |
= |
Bereicherung des Erwerbers |
./. |
sachliche Steuerbefreiungen |
./. |
persönliche Freibeträge |
= |
steuerpflichtiger Erwerb |
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abrunden auf volle 100 EUR |
4.1 Vermögensanfall
Zum Vermögensanfall gehört alles, was im Erbfall auf den Erwerber übergeht. Dazu gehören beispielsweise nicht bestimmte Hinterbliebenenbezüge (vgl. Tz. 1.5), eine evtl. Zugewinnausgleichsforderung des überlebenden Ehegatten (vgl. Tz. 7.3) und Vermögensgegenstände, die dem Erblasser steuerlich nur aufgrund wirtschaftlichen Eigentums zugerechnet waren (§ 39 Abs. 2 AO), z. B. ein Grundstück, das der Erblasser zu Lebzeiten geschenkt hatte, an dem er sich aber den Nießbrauch vorbehalten hatte (R E 12.2 Abs. 2 ErbStR 2019).
4.2 Nachlassverbindlichkeiten
Nachlassverbindlichkeiten sind abzugsfähig, soweit sie eine wirtschaftliche Belastung darstellen (§ 10 Abs. 5 ErbStG). Nicht abzugsfähig sind Verbindlichkeiten, die bereits im Steuerwert eines Vermögensgegenstands berücksichtigt sind, z. B. Schulden eines Gewerbebetriebs. Der Schuldenabzug ist eingeschränkt (§ 10 Abs. 6 ErbStG; R E 10.10 ErbStR 2019; H E 10.10 ErbStH 2019), wenn die Vermögensgegenstände, mit denen sie in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, bei der Besteuerung nicht angesetzt werden, z. B. bei beschränkter Steuerpflicht nicht zum Inlandsvermögen gehören, oder nach § 13 ErbStG voll oder teilweise befreit sind. Vermögensgegenstände, für die der Erwerber lediglich im Rahmen der Wertermittlung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG einen pauschalen Freibetrag erhält, unterliegen aber selbst uneingeschränkt der Besteuerung, sodass der Schuldenabzug nicht eingeschränkt wird. Bei nach §§ 13a i. V. m. 13b, 13c und § 13d ErbStG begünstigtem Vermögen wird der Abzug damit zusammenhängender Schulden ebenfalls gekürzt.
Erblasserschulden sind alle zu seinen Lebzeiten entstandenen und bei seinem Tod noch nicht erloschenen Verbindlichkeiten. Dazu gehören auch Steuerschulden einschließlich der Abschlusszahlungen für Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag des Todesjahrs (R E 10.8 Abs. 2 ErbStR 2019). Zu welchem Zeitpunkt sie veranlagt werden, ist unerheblich.
Erbfallschulden entstehen aus Anlass des Erbfalls neu. Abzugsfähig sind die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen (soweit sie nicht dem Beschwerten selbst zugutekommen) und geltend gemachten Pflichtteilen. Hierunter fallen auch Auflagen des Erblassers zur Pflege seines Grabes. Abzugsfähig sind auch die Bestattungskosten, Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal und die üblichen Grabpflegekosten (H E 10.7 ErbStH 2011); ferner die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung und Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Für diese Kosten werden insgesamt 10.300 EUR je Erbfall und nicht je Erwerber abgezogen, wenn nicht höhere Kosten nachgewiesen werden (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG; R E 10.9 ErbStR 2019). Kosten der Nachlassverwaltung sind nicht abzugsfähig. Das sind Kosten, die dadurch anfallen, dass der Nachlass erhalten, genutzt oder vermehrt wird und die laufenden Verbindlichkeiten erfüllt werden.