Wie die Nachversteuerung durchzuführen ist, ergibt sich aus § 13a Abs. 5 Satz 2 ErbStG (hiervon ausgenommen ist aber die Überentnahmeregelung nach § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ErbStG).

Demnach beschränkt sich der Wegfall des Verschonungsabschlags auf den Teil, der dem Verhältnis der im Zeitpunkt der schädlichen Verfügung verbleibenden Behaltensfrist einschließlich des Jahres, in dem die Verfügung erfolgt, zur gesamten Behaltensfrist entspricht. Dies bedeutet, dass der Wegfall des Verschonungsabschlags zeitanteilig erfolgt.

Betrifft die schädliche Verfügung nur einen Teil des begünstigten Vermögens, sind der Verschonungsabschlag und ggf. der Abzugsbetrag für den weiterhin begünstigten Teil des Vermögens zu gewähren.

Der Verschonungsabschlag bezüglich des Teils des Vermögens, über das der Erwerber schädlich verfügt hat, bleibt ebenfalls für die Jahre erhalten, in denen keine schädliche Teilverfügung erfolgt ist.[1]

 
Praxis-Beispiel

Verstoß gegen Behaltensregeln

Erwerber E hat von seinem Großvater GV am 15.12.2015 ein Einzelunternehmen (Ertragswert 5.000.000 EUR) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten. Das Verwaltungsvermögen des Betriebs beträgt 25 %. Im 4. Jahr nach der Übertragung veräußert E das Einzelunternehmen an den Y.

Lösung

Aufgrund der Höhe des Verwaltungsvermögens stehen E die Verschonungsmaßnahmen nach § 13a Abs. 1 ErbStG und § 13a Abs. 2 ErbStG zu. Mit der Veräußerung des Einzelunternehmens hat E jedoch gegen die Behaltensregelungen des § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ErbStG verstoßen, was bei diesem zur Nachversteuerung führt. Da der Verstoß im 5. Jahr nach der Übertragung erfolgt, fällt der Verschonungsabschlag zu 17 % (1/5) weg und bleibt zu 68 % (= 4/5) erhalten.

Im Einzelfall sollte versucht werden, die Veräußerung erst mit Ablauf der 5-jährigen Behaltensfrist vorzunehmen.

 
Praxis-Beispiel

Weiterveräußerung innerhalb der Behaltefrist

Erwerber E hat von seinem Großvater GV am 15.12.2015 ein Einzelunternehmen (Ertragswert 7.400.000 EUR) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten. Das Verwaltungsvermögen des Betriebs beträgt 5 %. E optiert für die 100 %ige Steuerbefreiung (§ 13a Abs. 8 ErbStG). Im 4. Jahr nach der Übertragung veräußert E das Einzelunternehmen an den Y.

Lösung

a) Besteuerung des E im Zeitpunkt der Übertragung

Der Betrieb ist nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG begünstigtes Vermögen. Da das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 10 % beträgt, kann E die 100 %ige Steuerbefreiung beantragen (Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG).

Es ergibt sich der folgende Ansatz des Betriebsvermögens für E:

 
Betriebsvermögen (Ertragswert bzw. gemeiner Wert) 7.400.000 EUR
./. 100 %iger Verschonungsabschlag ./. 7.400.000 EUR
Steuerpflichtiges Betriebsvermögen 0 EUR

Für E ergibt sich damit im Zeitpunkt der Schenkung keine schenkungsteuerliche Belastung.

b) Besteuerung des E im Zeitpunkt der Weiterveräußerung

Durch die Veräußerung des Einzelunternehmens innerhalb der 7-jährigen Behaltensfrist kommt es für E zur Nachversteuerung. Diese sieht wie folgt aus:

Der Verschonungsabschlag von 100 % fällt hier zu 57,14 % (4/7) weg und bleibt zu 42,86 % (3/7) erhalten.

Der Ansatz des Betriebsvermögens für E errechnet sich wie folgt:

 
Betriebsvermögen (Ertragswert bzw. gemeiner Wert) 7.400.000 EUR
./. 42,86 % des bisherigen Verschonungsabschlags von 100 % ./. 3.171.640 EUR
Steuerpflichtiges Betriebsvermögen 4.228.360 EUR

Die Schenkungsteuer für Enkel E errechnet sich wie folgt:

 
Verbleibendes steuerpflichtiges Betriebsvermögen 4.228.360 EUR
./. Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) ./. 200.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) 4.028.300 EUR
Schenkungsteuer E (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 765.388 EUR

Verstirbt der Erwerber, so endet die Behaltensfrist, ohne dass sich durch den Tod eine Auswirkung auf die Verschonungsvoraussetzungen ergibt (R E 13a.12 Abs. 4 ErbStR 2011).

Geht begünstigtes Vermögen innerhalb der Behaltensfrist im Wege der Schenkung über, so wird hierdurch nicht gegen die Behaltensregelung verstoßen (R E 13a.12 Abs. 5 Satz 1 ErbStR 2011).

Hier sollte aber darauf geachtet werden, dass nicht der Beschenkte gegen die Behaltensregelung verstößt, da ansonsten auch der vorangegangene Erwerber die Verschonung verliert, sofern bei ihm die Behaltensfrist noch nicht abgelaufen ist.[2]

 
Praxis-Tipp

Sperrfrist entfällt rückwirkend

Fällt nachträglich der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG in voller Höhe weg, so führt das dazu, dass damit der Lauf der Sperrfrist rückwirkend entfällt und der Abzugsbetrag bei einer erneuten Zuwendung begünstigten Vermögens sofort neu in Anspruch genommen werden kann.[3]

[1] R E 13a.12 Abs. 2 ErbStR 2011.
[2] R E 13a.12 Abs. 5 ErbStR 2011.
[3] R E 13a.12 Abs. 7 ErbStR 2011.

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