Leitsatz (nicht amtlich)
Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlagsgesetzes 1991 (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 105 Abs. 3 GG)
Zum Sachverhalt:
Die 3. Kammer des zweiten Senats hat eine Verfassungsbeschwerde gegen das SolZG 1991 im Verfahren nach § 93b i.V.m. § 93a BVerfGG einstimmig nicht zur Entscheidung angenommen. Mit dem am 28.6.1991 in Kraft getretenen SolZG 1991 wurde ein Zuschlag in Höhe von 3,75 % auf die in den Veranlagungszeiträumen 1991 und 1992 festgesetzte Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben. Dieses Gesetz wurde im Juni 1993 vom SolZG 1995 abgelöst. Der Beschwerdeführer klagte gegen Bescheide des Finanzamts, mit denen gegen ihn für 1991 und 1992 Solidaritätszuschläge in Höhe von ca. 5 000 DM bzw. 2 000 DM festgesetzt worden waren. Die Klage blieb erfolglos. In letzter Instanz entschied der BFH, dass das SolZG 1991 verfassungsgemäß sei. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung der Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG.
Der Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liege vor, weil der Beschwerdeführer in allen Instanzen u.a. vorgetragen habe, es liege eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vor, da sich der Staat mittels eines Solidaritätszuschlags befristet Mehreinnahmen verschaffe, obwohl er ein Vielfaches dessen an Aufkommen durch eine erfolgreiche Bekämpfung der Verschleuderung von Steuergeldern gewinnen könnte, der BFH sich aber hiermit nicht ausreichend befasst habe. In dem Umfang, in dem Steuereinnahmen verschleudert würden, sei es nicht erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, Steuern oder Abgaben zu erhöhen. Der BFH habe lediglich ausgeführt, für die Frage, ob der Staat Steuererhöhungen vornehmen könne, sei es unbeachtlich, ob und in welchem Umfange durch Einsparungen, Eindämmung der Verschleuderung von Staatsmitteln und Aufdeckung von Wirtschaftskriminalität zusätzliche Mittel hätten gewonnen werden können.
Zur Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, der Gesetzgeber habe mit der Bezeichnung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe - sowohl mit dem Begriff "Zuschlag" als auch mit dem Begriff "Abgabe" - bewusst darüber täuschen wollen, dass mit dem SolZG eine Steuererhöhung vorgenommen werde. Diese Irreführung sei dadurch unterstrichen worden, dass der Erlass des Gesetzes im Zusammenhang mit der Finanzierung des Aufbaus Ost gestellt werde, wodurch das Vorliegen einer Sonderabgabe suggeriert worden sei. Diese Irreführung mache das Gesetz wegen fehlender Bestimmtheit verfassungswidrig.
Der Bund dürfe von der Möglichkeit, eine Ergänzungsabgabe als selbständige Steuer zu erheben, zudem nur in begrenzter Weise Gebrauch machen, da sonst das für die Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer bestehende Zustimmungsrecht des Bundesrates nach Art. 105 Abs. 3 GG ausgehöhlt werde. Soweit diese Grenze mit dem SolZG 1991 überschritten worden sei, hätte es der Zustimmung des Bundesrates bedurft. Das Gesetz sei insoweit formell verfassungswidrig.
Schließlich verstoße die Erhebung des Solidaritätszuschlags auf der Grundlage des SolZG 1991 gegen das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip. Da die Unterbindung der Verschleuderung von Steuergeldern dem Staat ein Vielfaches dessen an liquiden Mitteln ohne Belastung der Steuerbürger belassen hätte, was er durch den Solidaritätszuschlag einnehme, sei die Erhebung des Solidaritätszuschlags nicht erforderlich gewesen.
Die Einführung des Solidaritätszuschlags sei auch deswegen verfassungswidrig, weil sie befristet sei und kumulativ zur Erhöhung der Verbrauchsteuern hinzutrete. Die Einführung einer Ergänzungsabgabe sei nur dann verfassungsrechtlich zulässig, wenn dadurch die Erhöhung von Verbrauchsteuern, die erfahrungsgemäß regelmäßig für längere Zeit gelte, vermieden werde. Hierfür sei die Ergänzungsabgabe wiederum nur geeignet, wenn sie ebenfalls nicht für einen nur ganz kurzen Zeitraum erhoben würde. Die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit des SolZG 1991 ergebe sich daraus, dass gleichzeitig die Mineralöl-, die Versicherung- und die Tabaksteuer erhöht worden seien und der Solidaritätszuschlag zudem auf ein Jahr befristet worden sei. Hieraus sei zu schließen, dass die erforderlichen Voraussetzungen für die Einführung einer Ergänzungsabgabe tatsächlich nicht vorgelegen hätten, vielmehr der Weg der Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer hätte beschritten werden müssen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.
- Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu,
Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit einer Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG geltend macht, die Erhebung der Ergänzungsabgabe habe der Zustimmung des Bundesrates bedurft, kommt der Verfassungsbeschwerde deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Geltung des So...