Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 Abs. 3, 4 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG
Kommentar
1. Ein Eigentümerbeschluss, durch den die Wohnungseigentümer einer Hotelanlage verpflichtet werden, die Ablösesumme für Stellplätze eines von einem Dritten (der Hotelbetriebsgesellschaft) errichteten Tagungsanbaues zu übernehmen, entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn der Tagungsanbau teils auf WEG-, teils auf Nachbargrundstück von den Wohnungseigentümern in einem früheren Beschluss ausdrücklich ohne jede Kostenübernahme genehmigt worden ist. Die Ablösezahlung lag im vorliegenden Fall offensichtlich allein im Interesse der Hotelbetriebsgesellschaft, die den Tagungsanbau errichtet und die sich seinerzeit verpflichtet hatte, die Kosten selbst zu tragen.
2. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschlussanfechtung im vorliegenden Fall ist dann zu bejahen, wenn der anfechtende Eigentümer von anteiligen Kosten hinsichtlich einer beschlossenen Ablösesumme freigestellt werden sollte (bei gleichzeitig verneinten Ansprüchen an den Nutzungen des Tagungsanbaues).
Wegen der weitgehenden Rechtswirkung von Eigentümerbeschlüssen (vgl. § 10 Abs. 3 und Abs. 4 WEG) ist in § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG ein eigenes Gerichtsverfahren zur Beschlussüberprüfung vorgesehen, an dem nach § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG alle Eigentümer und auch der Verwalter materiell beteiligt sind. Aus diesen verfahrensrechtlichen Vorschriften ergibt sich, dass im Ausgangspunkt jeder Wohnungseigentümer einer Gemeinschaft das Recht hat, einen Eigentümerbeschluss vom Gericht auf seine Rechtsgültigkeit überprüfen zu lassen. Das Rechtsschutzbedürfnis wird vom Gesetz stillschweigend vorausgesetzt und braucht im Einzelfall nicht besonders dargelegt zu werden (KG, Rechtspfleger 1976, 216, OLG Frankfurt, OLG Z 1981, 154/155). Dies gilt sogar für Wohnungseigentümer, die dem Eigentümerbeschluss in der Eigentümerversammlung ausdrücklich zugestimmt haben. Das Beschlussanfechtungsrecht dient nämlich nicht nur dem persönlichen Interesse des anfechtenden Wohnungseigentümers oder dem Minderheitenschutz, sondern auch dem Interesse der Gemeinschaft an einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Dazu gehört auch, dass rechtswidrige oder fehlerhafte Beschlüsse nicht durchgeführt werden müssen (BayObLG, NJW-RR 1988, 1168; WE 1992, 86). Dies schließt zwar nicht aus, dass die Geltendmachung des Anfechtungsrechts im Einzel- und Ausnahmefall rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig sein kann (z. B. in großen Mehrhausanlagen, in denen durch die Teilungserklärung die getrennte Verwaltung von einzelnen Teilen der Anlage angeordnet war und angefochtene Eigentümerbeschlüsse eindeutig nur einen abgegrenzten Teil der Wohnanlage betrafen; hier nicht gegeben).
3. Außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswertansatz von DM 75.000,- für alle Rechtszüge (die Ablösesumme für die Stellplätze in Höhe von DM 750.000,- wurde aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht geforderten verfassungskonformen Auslegung - NJW 1992, 1673; BayObLG Z 1988, 319 - entsprechend herabgesetzt).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 15.10.1992, 2Z BR 44/92)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer