Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob der sorgeberechtigte Vater gemäß § 1909 BGB gehindert ist, namens des Kindes die Vaterschaftsanfechtungsklage zu erheben. Das OLG Brandenburg hatte sich damit auseinanderzusetzen, ob in einem solchen Fall die Bestellung eines Ergänzungspflegers für das Kind erforderlich ist.
Sachverhalt
Die Verfahrensbeteiligten zu 1. und 2. waren inzwischen geschiedene Eheleute. Die Beteiligte zu 2. war die Mutter des noch während der Ehezeit mit dem Antragsteller im April 1995 geborenen Kindes, für das beide weiterhin gemeinsam sorgeberechtigt waren. Zwischen den Verfahrensbeteiligten war jedoch unstreitig, dass im Hinblick auf die Trennung zum Jahreswechsel 1993/1994 der Antragsteller nicht der Vater des Kindes war.
Mit einem im November 2006 angestrengten Verfahren hat der Kindesvater beantragt, ihm gemäß § 1628 Abs. 1 S. 1 BGB die alleinige Entscheidung zu übertragen, ob die Vaterschaft im Namen des Kindes angefochten werden solle. Im Termin am 9.6.2008 haben die Beteiligten zu 1. und 2. insoweit eine familiengerichtlich genehmigte Vereinbarung dahin geschlossen, dass dem Antragsteller die Entscheidungsbefugnis darüber übertragen werde, ob das Kind gegen den Antragsteller eine Klage auf Anfechtung der Vaterschaft erheben könne.
Der Beteiligte zu 1. hat daraufhin mitgeteilt, dass er die zuvor beschriebene Entscheidungsbefugnis dahin ausübe, dass das Kind Vaterschaftsanfechtungsklage erheben solle und hat zugleich auf Bestellung eines Ergänzungspflegers für das Kind mit dem Wirkungskreis der Vertretung im Rahmen der Erhebung und Führung von dessen beabsichtigter Klage auf Anfechtung der Vaterschaft gegen ihn, den rechtlichen Vater, angetragen.
Die Stadt hat erklärt, das Jugendamt sei zur Übernahme der Ergänzungspflegschaft für das Vaterschaftsanfechtungsverfahren des Kindes bereit.
Die Kindesmutter trat diesem Antrag entgegen und hat die Auffassung vertreten, die Vaterschaftsanfechtungsklage sei schon unzulässig, jedenfalls fehle es aber an einem hinreichend substantiierten Vorbringen von Gründen, die gegen die Vaterschaft des Antragstellers sprächen.
Mit Beschluss vom 18.12.2005 hat das AG den Antrag auf Bestellung eines Ergänzungspflegers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass mit Blick auf die Übertragung der Entscheidungsbefugnis über die Erhebung der Vaterschaftsanfechtungsklage auf den Antragsteller die Voraussetzungen für die Bestellung eines Ergänzungspflegers insoweit entfallen sei. Der Antragsteller sei nicht an der Vertretung des Kindes im Vaterschaftsanfechtungsverfahren gehindert.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, die zur Anordnung einer Ergänzungspflegschaft mit dem Aufgabenkreis der Erhebung der Vaterschaftsanfechtungsklage und der Führung des entsprechenden Verfahrens für das Kind.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, das AG sei in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Antragsteller nicht i.S.v. § 1909 BGB gehindert sei, namens des Kindes die Vaterschaftsanfechtungsklage zu erheben. Tatsächlich seien im Verfahren zur Anfechtung der Vaterschaft beide Kindeseltern nach §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 2 Nr. 3 BGB gehindert, das Kind zu vertreten. Der BGH habe bereits in seiner Entscheidung vom 27.3.2002 (FamRZ 2002, 880) ausgeführt, dass selbst für das im Anfechtungsverfahren der Kindesmutter gegen den rechtlichen Vater nur nach § 640e ZPO beteiligte Kind nach § 1909 Abs. 1 BGB ein Ergänzungspfleger zu bestellen sei. Schon eine solche parteiähnliche prozessuale Rolle rechtfertige die analoge Anwendung des § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB, die den Ausschluss des Vormundes von der Vertretung des Mündels für die dort genannten Fälle ausdrücklich vorsehe.
Durch die Beteiligung nach § 640e Abs. 1 ZPO solle das Kind, um dessen Status es gehe, in die Lage versetzt werden, seine Interessen unabhängig von seiner allein sorgeberechtigten Mutter zu vertreten.
Diese Grundsätze beanspruchten Geltung erst recht für den hier vorliegenden Fall, in dem das Kind gegen den sorgeberechtigten Vater ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren einleiten und führen solle. Aus guten Gründen habe deshalb der zur Entscheidung berufene Senat bereits in dem die Übertragung der Entscheidungsbefugnis zur Erhebung der Vaterschaftsanfechtungsklage dem Grunde nach betreffenden Verfahren in seinem Beschluss vom 26.9.2007 auf das Vertretungsverbot des Antragstellers und die Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers für ein etwaiges Verfahren nach §§ 1600 ff. BGB hingewiesen.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 21.10.2009, 9 WF 84/09