Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob im Rahmen eines Vaterschaftsanfechtungsverfahrens, das durch die Behörde betrieben wird, die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft erforderlich bzw. zulässig ist.
Sachverhalt
Das Einwohnerzentralamt der Freien und Hansestadt Hamburg hatte die Vaterschaft eines am 5.3.2008 geborenen Kindes, das aufgrund der Anerkennung durch einen deutschen Staatsangehörigen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten hatte, nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB angefochten. Das angerufene Gericht hat unter Einschränkung des Sorgerechts der Mutter für das Kind eine Ergänzungspflegschaft eingerichtet und das Jugendamt als Pfleger bestellt. Gegen diese Entscheidung hat die Mutter Beschwerde eingelegt und zur Begründung angeführt, sie sei nicht angehört worden. Darüber hinaus lägen in Ermangelung einer Interessenkollision die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft nicht vor.
Das Rechtsmittel der Kindesmutter war erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft nicht vorlägen.
Gemäß § 1909 Abs. 1 BGB sei einem minderjährigen Kind ein Ergänzungspfleger für Angelegenheiten zu bestellen, an deren Besorgung die Eltern gehindert seien. Ein ausdrückliches gesetzliches Vertretungsverbot - wie in § 1629 Abs. 2a BGB bei der Einführung des § 1598a BGB vorgesehen - sei für das ebenfalls neu geschaffene Anfechtungsverfahren nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB nicht normiert worden. Nach § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB könnten der Vater und die Mutter das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1795 BGB ein Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen sei. Eine Analogie zu §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 BGB sei nicht gerechtfertigt, da Eingriffe in die elterliche Sorge einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage bedürften, wie sie etwa durch § 1629 Abs. 2a BGB geschaffen worden sei. Allein die abstrakte Möglichkeit eines Interessenwiderstreits rechtfertige noch nicht den Ausschluss der Mutter von der Vertretung des Kindes. Allein, ob die Voraussetzungen der §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 BGB vorlägen, sei deshalb entscheidend, d.h., ob aufgrund konkreter Anhaltspunkte ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Kind und Mutter gegeben sei.
Die Mutter habe bei ihrer Anhörung erklärt, dass sie daran interessiert sei, den biologischen Vater ihres Kindes festzustellen. Außer dem in diesem Verfahren verklagten Mann käme ein weiterer Afrikaner als Vater des Kindes in Betracht, der allerdings auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Bei diesen Umständen sei ein Interessenwiderstreit zwischen dem Kind und der Mutter nicht festzustellen.
Die Anordnung der Ergänzungspflegschaft sei daher aufzuheben.
Hinweis
Das Verfahren wurde vor dem 1.9.2009 eingeleitet. Danach waren nach Art. 111 FGG - RG die bis zum 31.8.2009 geltenden Vorschriften anzuwenden. Nach der neuen Rechtslage kämen auf eine Konstellation wie die vorliegende die Vorschriften des FamFG zum Tragen. Nach § 174 FamFG hat das Gericht dem minderjährigen Kind einen Verfahrensbeistand zu bestellen, sofern dies zur Wahrung seiner Interessen erforderlich ist.
Link zur Entscheidung
OLG Hamburg, Beschluss vom 28.10.2009, 12 UF 110/09