Normenkette

§ 27 Abs. 2 WEG, § 43 Abs. 1 WEG, § 12 FGG

 

Kommentar

1. Legt ein Verwalter, der ermächtigt wurde, in eigenem Namen einen Wohngeldanspruch geltend zu machen (Verfahrensstandschaft), zum Nachweis des zugrunde liegenden Eigentümerbeschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung ein umfangreiches Protokoll dieser Versammlung dem Gericht vor, so liegt ein Verstoß gegen die gerichtliche Amtsermittlungspflicht ( § 12 FGG) nicht vor, wenn das Gericht nicht die gesamte Niederschrift überprüft und daher keine Kenntnis von einem weiteren Eigentümerbeschluss erlangt, durch den dieser verfahrensführende Verwalter abberufen wurde. Es ist vielmehr Sache des in Anspruch genommenen Wohnungseigentümers, sich auf einen solchen Eigentümerbeschluss zu berufen (Mitwirkungspflicht der Beteiligten). Auch eine regelmäßig vorgelegte und häufig umfangreiche Gemeinschaftsordnung braucht von den Gerichten nicht in jedem Fall umfassend auf Umstände hin überprüft zu werden, die von den Beteiligten gar nicht angesprochen worden sind. Ebensowenig müssen Niederschriften über eine Versammlung vollständig durchgesehen werden, wenn dies die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht gebieten. Gerichte dürfen vielmehr erwarten, dass sie auf die einschlägigen Teile der Unterlagen hingewiesen werden.

2. Hat ein Verwalter auftragsgemäß in Verfahrensstandschaft (gewillkürte Prozessstandschaft) Wohngeldansprüche gerichtlich geltend gemacht, so ist er auch n a c h seinem Ausscheiden als Verwalter als ermächtigt anzusehen, ein anhängiges Verfahren bis zum Abschluss fortzuführen, sofern die Wohnungseigentümer die Ermächtigung nicht ausdrücklich widerrufen. Eine solche Ermächtigung ist grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie nicht von selbst mit dem Verwalteramt endet, sondern erst mit dem Abschluss anhängiger Verfahren oder eben durch ausdrücklichen Widerruf der Wohnungseigentümer. Ohne Widerruf ist die Fortführung des Verfahrens als eine Pflicht des abberufenen Verwalters zur Abwicklung des aufgelösten Verwalterverhältnisses anzusehen (BayObLGZ 1989, 266/268).

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 10.08.1993, 2Z BR 86/93= NJW-RR 24/1993, 1488 = ZMR 12/1993, 584)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Wird ein bestehendes Verwaltervertragsverhältnis beendet, liegt m. E. selbst bei erteilten Prozessführungsermächtigungen eine Auslegung nach unterstellter Willensentscheidung der Eigentümer näher, dass mit Amtsbeendigung weitere Verfahrensführungspflichten eines ausgeschiedenen Verwalters ebenfalls enden und ein neubestellter Verwalter solche rechtshängigen Verfahren weiterführen muss. Im Rahmen nachwirkender Schuldverpflichtung ist allerdings der ausgeschiedene Verwalter m. E. verpflichtet, den neubestellten Verwalter unverzüglich und ausführlich (auch durch sofortige Herausgabe sämtlicher Verfahrensunterlagen) zu informieren, damit dieser ordnungsgemäß das Verfahren aufnehmen und weiterführen kann, ohne dass dadurch auf Antragstellerseite prozessuale Nachteile entstehen. Ein rechtshängiges Verfahren kann sich bis zur endgültig rechtskräftigen Entscheidung doch noch über einen erheblichen Zeitraum hinziehen, sodass es einem ausgeschiedenen Verwalter kaum zugemutet werden dürfte, oft ohne vertragliche Honoraransprüche noch über Monate im Interesse einer Gemeinschaft nach außen hin (auch verfahrensrechtlich) tätig werden zu müssen.

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