Leitsatz
In der ausdrücklichen Nicht-Benennung von Ersatzerben in einem notariellen Testament ist nicht zwingend der Wille zum Ausschluss der Auslegungsregel des § 2069 BGB zu sehen. Nach dem Tode des an der Verschwiegenheit eines Notares interessierten Testierenden geht die Befugnis zur Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht auf die Aufsichtsbehörde und nicht auf die (möglichen) Erben über, vgl. § 18 Abs. 2 Hs. 2 BNotO.
Sachverhalt
Die 2006 verstorbene Erblasserin hinterließ vier Verfügungen von Todes wegen. 1993 setzten sie und ihr Ehemann sich gegenseitig zu Alleinerben ein. Der Überlebende erhielt eine umfassende Abänderungsbefugnis hinsichtlich der Schlusserbenbestimmung. 1999 setzte die Erblasserin durch notarielles Einzeltestament ihre Tochter T (Mutter der Beteiligten zu 1 und 2) zur Alleinerbin ein und bestimmte: "Ersatzerben will ich heute ausdrücklich nicht benennen". 2001 und 2002 errichtete sie notarielle Nachträge, die detaillierte Vermächtnisanordnungen enthielten.
Nachdem T die Erbschaft ausgeschlagen hatte, nahmen die Beteiligten zu 1 und 2 sie an. Die Beteiligten zu 3 und 4 (Geschwister der T) sind jedoch der Meinung, dass die Erblasserin die Regelung des § 2069 BGB abbedungen hätte und die Beteiligten zu 1 und 2 nach der Ausschlagung ihrer Mutter ebenso von der Erbfolge ausgeschlossen seien.
Der von den Beteiligten zu 3 und 4 gestellte Erbscheinsantrag wurde vom AG zurückgewiesen. Die erhobene Beschwerde wies das LG zurück. Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 3 und 4 mit einer weiteren Beschwerde, die in der Sache ohne Erfolg bleibt.
Entscheidung
Das LG führte im Wesentlichen aus: Die gesetzliche Erbfolge gilt vorliegend nicht. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind nach der Ausschlagung der Erbschaft durch ihre Mutter gem. der Auslegungsregel des § 2069 BGB als deren Abkömmlinge an ihre Stelle getreten. Die Erblasserin hat in ihrer Formulierung nicht die Erbfolge nach Stämmen ausschließen wollen, wie durch das "heute" ersichtlich ist. Hieraus folgt zwingend, dass die Erblasserin die Ersatzerbenbestimmung zu einem späteren Zeitpunkt vornehmen wollte.
Jedoch ist diese Auslegung des Testamentes von 1999 durch das LG rechtsfehlerhaft. Aus der Formulierung lässt sich allein entnehmen, dass die Erblasserin an diesem Tag keine Regelung treffen wollte, die Absicht Ersatzerben zu einem späteren Zeitpunkt zu benennen, lässt sich jedoch nicht entnehmen. Aus den Aussagen des Notars ergibt sich, dass die Erblasserin auch nach entsprechender Belehrung ausschließen wollte, dass die Auslegungsregel des § 2069 BGB eingreift. Hätte sie dies tun wollen, wäre das unmissverständlich in das Testament aufgenommen worden.
Diese Aussage ist auch verwertbar, da nach dem Tode des an der Verschwiegenheit eines Notares Interessierten die Befugnis zur Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht auf die Aufsichtsbehörde und nicht auf die (möglichen) Erben übergeht, vgl. § 18 Abs. 2 Hs. 2 BNotO. Die Aufsichtsbehörde ist der Präsident des LG.
Entsprechendes ergibt sich aus den sehr detailreichen Regelungen der beiden Nachträge, womit u.a. die Beteiligte zu 4 jedenfalls auf den Pflichtteil gesetzt werden sollte.
Auf Grund dieser Erwägungen steht diese Entscheidung auch nicht der Auffassung des BayObLG (Beschluss vom 14.12.2004, BayObLGZ 2004, 364) entgegen, dass die Erklärung in einem notariellen Testament "Ersatzerbenbestimmungen werden nicht getroffen" bewusst und gewollt den Ausschluss nach Stämmen enthalte, da das BayObLG u.a. auf eine "gängige notarielle Praxis" verweist, die hier eindeutig nicht vorlag.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 04.03.2009, 31 Wx 073/08