Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 5 Abs. 2 WEG, § 10 Abs. 4 WEG, § 16 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 242 BGB, § 1004 BGB
Kommentar
1. Bei der Rollladenerneuerung im Zuge einer Fassadensanierung handelte es sich im vorliegenden Fall um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Instandhaltung und Instandsetzung, nicht um eine nachteilige bauliche Veränderung. Rollläden stehen hier unabhängig davon, ob sie bereits zum Zeitpunk der Gebäudeerrichtung vorhanden waren oder erst später eingebaut wurden, zwingend im Gemeinschaftseigentum gem. § 5 Abs. 2 WEG, da es sich um für die äußere Gestaltung des Gebäudes mitbestimmende Bauteile handelt, die an der Gebäudefassade außen angebracht sind und nicht nur für eine einzelne Sondereigentumseinheit Bedeutung haben (h.R.M.; a. A. LG Memmingen, RPf1. 78, 101).
Auch eigenmächtig von einzelnen Eigentümern eingebaute alte Rollläden unterfallen dem Gemeinschaftseigentum. Aufgrund der Bedeutung der Rollläden für die äußere Gestaltung des Gebäudes kann über deren weiteres Schicksal bzw. deren Unterhaltung dann nur von der Gemeinschaft gemeinsam entschieden werden. Etwaige Beseitigungsansprüche wegen nachträglich vorgenommener Rollladenanbauten wären jedenfalls durch langjährige Duldung verwirkt. Somit fällt das Thema Rollläden hier endgültig in die Verantwortung der Gemeinschaft. Die aus technisch-notwendigen Gründen nunmehr eingebauten Elektromotoren liegen im vorliegenden Fall auch außen in den auf die Fassade aufgesetzten Rollladenkästen und fallen damit hier ebenfalls in das gemeinschaftliche Eigentum.
Bei der Umgestaltung und Ersetzung der Rollläden in solche mit Elektromotorausstattung handelt es sich auch um eine modernisierende Instandsetzung aus Gründen der Wiederherstellung eines mangelfreien Zustandes. Der geänderte Zugmechanismus (Elektromotoren statt Gurte) hatte nach fachgutachtlichen Äußerungen den Zweck, erneute Wasserdurchlässigkeit der erneuerten Fassadenbeschichtung zu verhindern und damit dauerhafte Mangelfreiheit zu gewährleisten. Die alten Rollladenkästen hatten erhebliche Schäden an der Fassade verursacht (laut außergerichtlichem Sachverständigengutachten). Dass eine Erneuerung der Rollläden erforderlich war, ergab sich auch aus Äußerungen der mit der Fassadensanierung beauftragten Firmen, wonach eine Gewährleistung für die Dichtigkeit der Fassade bei Weiterverwendung der alten Rollladenkästen nicht übernommen werden könnte.
Auch der innenseitige Einbau von Elektromotoren in außenseitige Rollladenkästen ist nicht eine derart erhebliche Umgestaltung eines Bauwerkes, dass dieser für sich genommen schon als nicht duldungspflichtige bauliche Veränderung zu werten wäre.
2. Im gegenwärtigen Verfahren müsse auch nicht über Folgekostenbelastungen gem. § 16 Abs. 3, 2. HS WEG entschieden werden. Selbst wenn man von baulicher Veränderung im vorliegenden Fall ausgehen sollte, wäre diese nach § 14 WEGduldungspflichtig. Es geht auch nicht um den Ersteinbau von Rollläden, sondern lediglich um Fortschreibung eines bereits bestehenden Zustandes ohne weitergehende Veränderung des optischen Gesamtbildes des Gebäudes. Anteilige Kostentragungspflicht wäre auch bei anzunehmender baulicher Veränderung gem. § 16 Abs. 3, 2. HS WEG ausgeschlossen, sodass auch diese einzige mögliche Beeinträchtigung ausscheide.
3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung; noch kein Geschäftswertbeschluss.
Link zur Entscheidung
( LG Saarbrücken, Beschluss vom 28.09.1995, 5 T 336/95)
Zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung
Anmerkung:
Diese sorgfältig begründete Entscheidung wirft allerdings aus meiner Sicht das Problem des § 16 Abs. 3 WEG im Konkurrenzverhältnis zu § 22 Abs. 1 und § 10 Abs. 4 WEG auf. Handelt es sich bei einer das Gemeinschaftseigentum betreffenden Sanierungsmaßnahme um eine sog. modernisierende Instandsetzung, kann diese mit einfacher Mehrheit beschlossen werden bei gleichzeitiger Bindungswirkung eines solchen Beschlusses auch gegenüber überstimmten Eigentümern ( § 10 Abs. 4 WEG) und grds. Kostenverantwortlichkeit aller Eigentümer (endgültig nach Bestandskraft eines solchen Mehrheitsbeschlusses). Werden demgegenüber bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum nur mehrheitlich beschlossen, können zwar widersprechende Eigentümer ausdrücklich im Beschluss selbst von anteiliger Kostentragungspflicht gem. § 16 Abs. 3, 2. HS WEG freigestellt werden. Erfolgt dies allerdings nicht ausdrücklich im Beschluss und geht eine beschließende Gemeinschaft im Zweifel von einer Kostenverantwortlichkeit aller Eigentümer aus, würde m. E. die Beschluss-Bindungswirkung des § 10 Abs. 4 WEG auch hinsichtlich der Kosten die gesetzliche Ausnahme (Freistellung) nach § 1 Abs. 3, 2. HS WEG nicht rechtfertigen. Ein widersprechender Eigentümer kann sich bei solchen Änderungen des Gemeinschaftseigentums auch nicht von den anteiligen "Nutzungen" entziehen, wenn - wie hier - das Gemeinschaftseigentum der gesamten Gebäudeaußenfassade betroffen ist. Andererseits wird man zu Recht die Bestimmung des § 16 Abs. 3, 2. HS WEG auch dahin auslege...