Leitsatz

  • Hat ein Verwalter als Vorsitzender den Versammlungsort verlassen, ist grundsätzlich kein Raum mehr für eine Beschlussfassung

    Zum Individualanspruch eines Eigentümers auf erneute Baumpflanzung

    Spätere (wenn auch angefochtene) Beschlussfassung der Gemeinschaft, auf neuerliche Baumpflanzung zu verzichten, kann vom Rechtsbeschwerdegericht u.U. mitberücksichtigt werden

 

Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 21 Abs. 4 WEG, § 24 Abs. 5 WEG, § 94 BGB, § 1004 Abs. 1 BGB, 249 Satz 1 BGB, § 27 Abs. 1 FGG, § 561 ZPO

 

Kommentar

1. Zum Sachverhalt:

Ein gartensondernutzungsberechtigter WEG-Sondereigentümer hatte im Januar 1996 auf seiner Sondernutzungsfläche mehrere Bäume gefällt; der Antragsteller in der im OG über der Wohnung des Antragsgegners gelegenen Wohnung wandte sich gegen das Fällen der Bäume, die seiner Wohnung einen Sichtschutz gegenüber dem nahe gelegenen Friedhof geboten hätten. Er beantragte, den Antragsgegner zu verpflichten, anstelle der entfernten Bäume solche in bestimmter Höhe und gleicher Art und Anzahl anzupflanzen. Der Antragsgegner erwiderte, dass er allein einen Eigentümerbeschluss vollzogen habe, der in einer Versammlung vom 7. 7. 1995 nach einer Ortsbegehung gefasst, allerdings nicht in die Versammlungsniederschrift aufgenommen worden sei. An dieser Versammlung hat im Übrigen der Antragsteller nicht teilgenommen. Ein Hinweis auf das Fällen von Bäumen oder die Pflege und Gestaltung des Gartens fand sich auch weder in der Einladung zur Versammlung noch in der Versammlungsniederschrift.

Am 21. 3. 1998 fand eine weitere Eigentümerversammlung statt, bei der sämtliche Eigentümer anwesend oder vertreten waren. Die Gemeinschaft beschloss hier mit Mehrheit, das Fällen der Bäume nachträglich zu genehmigen, die ersatzweise Anpflanzung besagter Bäume nicht durchzuführen, sowie im Falle ihrer Verpflichtung zur Anpflanzung durch Gerichtsbeschlüsse die Bäume umgehend wieder zu beseitigen, weil eine nachhaltige Schädigung und Beeinträchtigung der Substanz des Wohnungseigentums zu befürchten sei. Der Antragsteller hat auch diese Beschlussfassung angefochten, eine Entscheidung hierüber ist bisher nicht ergangen.

Die Rechtsbeschwerde führte zur Abweisung der Anträge des Antragstellers.

2. Aus den Gründen:

a) Die rechtswidrige Beseitigung von Bäumen auf gemeinschaftlichem Grundstück kann wegen Verletzung des gemeinschaftlichen Eigentums ( § 94 BGB) grundsätzlich einen Anspruch auf Wiederherstellung des früheren Zustandes begründen, der sich aus der Verletzung des zwischen den Eigentümern bestehenden Schuldverhältnisses ( § 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG) und aus unerlaubter Handlung, d.h. § 823 Abs. 1 sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 249 Satz 1 BGB ergibt (vgl. bereits BayObLG, ZMR 1995, 495/496; OLG Düsseldorf, NJW-RR 94, 1167/1168). Ein Miteigentümer kann diesen Anspruch auch als Individualanspruch ( § 15 Abs. 3 WEG) gerichtlich geltend machen, ohne dass er dazu einer Ermächtigung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf (vgl. BGHZ 116, 392/394).

Vorliegend war der Antragsgegner auch nicht zum Fällen der Bäume berechtigt. Auch ein Sondernutzungsberechtigter darf von seinem ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Teil des Gemeinschaftseigentums wie auch von seinem Sondereigentum nur einen Gebrauch machen, der nicht als Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG anzusehen ist. Insoweit ist er auch im Rahmen gärtnerischer Gestaltung seiner Sondernutzungsfläche Beschränkungen unterworfen (BayObLG, WE 98, 77 und 95, 345/346).

b) Es gab auch keinen Beschluss, der die Fällaktion gerechtfertigt hätte. Abgesehen von schriftlichen Umlaufbeschlüssen liegt ein Eigentümerbeschluss nur dann vor, wenn eine Mehrheit der stimmberechtigten Eigentümer in der Eigentümerversammlung durch Abstimmung ihren Willen zum Ausdruck gebracht hat, dass ein Beschlussgegenstand verbindlich in bestimmter Weise geregelt werden soll (h.R.M.). Vorliegend wurde vom LG zu Recht festgestellt, dass der Verwalter den Versammlungsort bereits verlassen hatte, als die an der Versammlung teilnehmenden Wohnungseigentümer mit dem Antragsgegner übereinkamen, er dürfe die als störend empfundenen Bäume in seinem nördlichen Gartenbereich beseitigen. Damit haben die Eigentümer erst nach Beendigung der Versammlung eine entsprechende Entscheidung getroffen. Eine Versammlung hat jedoch grundsätzlich unter dem Vorsitz des Verwalters stattzufinden. Im vorliegenden Fall hat der Verwalter zwar die Versammlung nicht förmlich geschlossen, aber den Versammlungsort erst zu dem Zeitpunkt verlassen, als sämtliche Punkte der Tagesordnung abgehandelt waren. Im Anschluss daran haben Wohnungseigentümer auch nicht den Vorsitz der Versammlung auf einen anderen Teilnehmer übertragen (vgl. § 24 Abs. 5 WEG). Damit war unter diesen Umständen die Versammlung jedenfalls mit dem Weggang des Verwalters beendet und somit auch kein Raum mehr für eine weitere Beschlussfassung der Eigentümer.

c) Allerdings ist die Entscheidung des LG zum unberechtigten Fällen der Bäume nicht frei von R...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge