Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 23 Abs. 4 WEG, § 28 Abs. 5 WEG
Kommentar
1. Nach verfestigter Meinung der in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze muss eine Jahresabrechnung eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben in dem betreffenden Geschäftsjahr enthalten; sie muss für einen Eigentümer aus sich heraus und auch ohne Zuziehung eines Buchprüfers oder sonstigen Sachverständigen verständlich sein; sie ist keine Bilanz und keine Gewinn- und Verlustrechnung, sondern eine schlichte Einnahmen- und Ausgabenrechnung, welche die tatsächlich angefallenen Beträge im Anrechnungszeitraum einander gegenüberzustellen hat. Über diese Gegenüberstellung hinaus muss sie Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen und die Kontenstände der Gemeinschaftskonten zu Beginn und zum Ende eines Abrechnungszeitraums enthalten. Forderungen und Verbindlichkeiten sind nicht zu berücksichtigen. Ebensowenig gehören in eine Jahresabrechnung Zahlungen, welche im Vorjahr eingegangen oder im Folgejahr zu leisten sind. Allerdings ist insoweit bei den Heizkosten mit Rücksicht auf die in der Heizkostenverordnung geforderte verbrauchsabhängige Abrechnung eine Ausnahme zugelassen worden (BayObLG, WE 92, 175); auch bei der Instandhaltungsrücklage wird es allgemein für zulässig gehalten, dass sie mit dem dem Wirtschaftsplan entsprechenden Sollbetrag unter die Ausgaben der Jahresabrechnung aufgenommen wird, auch wenn ihr in dem abgerechneten Jahr in Wirklichkeit nichts oder nicht so viel zugeführt wurde (BayObLG, NJW-RR 91, 15).
2. Im vorliegenden Fall genügte die beschlussgenehmigte Abrechnung nicht diesen Anforderungen. Bei den Einnahmen wurden Zinserträge der Gemeinschaft aus den Instandhaltungsrücklagen nicht aufgeführt. Bei den Ausgaben fehlten ebenfalls verschiedene Beträge, so von der Gemeinschaft gezahlte Kapitalertragsteuer sowie der bezahlte Solidaritätszuschlag; nicht abgerechnet wurden auch Depotgebühren, Kosten einer Umbuchung sowie Kosten einer Lastschrift. Weiterhin wurden Rechnungsbeträge in die Abrechnung aufgenommen, die erst im Folgejahr beglichen wurden.
Unrichtigkeiten zeigten sich auch bei der Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage, die hier in Form einer Bilanz als Vermögensübersicht in nicht ohne weiteres verständlicher und nachvollziehbarer Weise erstellt wurde. Unklarheiten ergaben sich hier insbesondere aus einem Vergleich der Vermögensübersicht mit der eines Vorjahres und aus Positionen wie "Aktive Rechnungsabgrenzung", "Verbindlichkeiten gegenüber Eigentümern aus Vorjahren" sowie "Verschiedene Abgrenzungen und Abrundungen".
Dies alles führt dazu, dass es die vorgelegte Gesamtabrechnung und die Darstellung der Vermögensübersicht mit den einzelnen Kontenständen den einzelnen Eigentümern nicht möglich macht, die rechnerische Schlüssigkeit der Gesamtabrechnung nachzuvollziehen. Ist aber die Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben in Verbindung mit der Darstellung der Kontenstände und der Vermögensübersicht nicht schon aus sich heraus nachvollziehbar und verständlich, so liegt insgesamt eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung nicht vor. Der eine solche Abrechnung genehmigende Beschluss ist daher insgesamt für ungültig zu erklären; es reicht insoweit nicht aus, den Beschluss nur in einzelnen Punkten aufzuheben.
3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Wert des Beschwerdegegenstandes bis zu DM 30.000.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.1998, 3 Wx 397/97)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Es kann diesseits nur nochmals betont werden, dass sich Verwalter in ihren Abrechnungssystemen diesen Forderungen der heute als verfestigt geltenden herrschenden Rechtsmeinung unterwerfen, also ihre Software ggf. diesen Geboten und Anforderungen anpassen, will man möglichen Anfechtungsverfahren und neuerlichen Abrechnungsarbeiten mit neuen Beschlussgenehmigungszwängen aus dem Wege gehen.
Selbst die einmal vor Jahren vom BayObLG gestattete Ausnahme einer Soll-Buchung der Position "Rücklagen-Zuführung" (nicht als "Ausnahme-Muss" zu verstehen) sollte nicht zur Regel erhoben werden, da selbst diese seinerzeitige Ausnahmeentscheidung aus meiner Sicht nach wie vor auch unter Berücksichtigung der Folgerechtsprechung des BayObLG als systemfremd und inkonsequent bezeichnet werden muss und m.E. aus heutiger Sicht nicht einmal vom dortigen Senat wiederholt werden dürfte.