Leitsatz
Nach der sog. Amtstheorie endet die Testamentsvollstreckung nicht mit Ablauf der 30-Jahres-Frist gem. § 2210 Abs. 1 BGB, sondern mit dem Tod des letzten noch im Amt befindlichen Testamntsvollstreckers. Solange die Testamentsvollstreckung andauert, können auch weitere Testamntsvollstrecker ernannt werden; allerdings endet auch deren Amtszeit mit dem Tode dessen, der bei Fristablauf noch im Amt war.
Das Amt des Testamntsvollstreckers unterliegt nicht der Verwirkung, da grundsätzlich nur subjektive Rechte, nicht aber Rechtspositionen verwirkt werden können.
Sachverhalt
Mit der Berufung wendet sich der Beklagte gegen das Urteil des LG, das ihn zur Herausgabe des von ihm innegehaltenen Grundstücks nebst der von ihm bewohnten Gebäude an die Kläger als Testamentsvollstrecker über den Nachlass des 1951 verstorbenen Erblassers verurteilte.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LG hatte der bisherige Kläger zu 1alt) sein Amt als Testamentsvollstrecker gekündigt, an dessen Stelle der vom Präsidenten des BGH zum Testamentsvollstrecker berufene neue Kläger zu 1neu) getreten ist. Der Kläger zu 3) hat inzwischen ebenfalls sein Amt gekündigt.
Entscheidung
Die zulässige Berufung wird zurückgewiesen. Der Parteiwechsel des Klägers zu 1) ist zulässig gemäß §§ 533 Nr. 1, 529 ZPO, da er sachdienlich ist und auf berücksichtigungsfähigen Tatsachen beruht.
Bereits im Vorprozess hat der BGH (Urteil vom 5.12.2007 - IV ZR 275/06) rechtskräfig festgestellt, dass die Testamentsvollstreckung nicht mit dem Tod des Vaters des Beklagten unwirksam geworden ist. Sie ist auch vorliegend nicht beendet. Im streitgegenständlichen Erbvertrag wird die Testamentsvollstreckung kumulativ "mindestens bis zum Tode des Erben (Nacherben) und mindestends bis zum Tode der Testamtsvollstrecker oder ihrer Nachfolger" angeordnet. Damit bestimmt sich die Fortdauer der Testamentsvollstreckung bis zum Tode des Testamentsvollstreckers nach der sog. Amtstheorie. Sie endet also mit dem Tod der Testamentsvollstrecker, die bei Ende der 30-Jahres-Frist gem. § 2210 Abs. 1 BGB noch im Amt sind. Der Kläger zu 2) wurde bereits 1975 in sein Amt berufen, so dass die Testamentsvollstreckung noch andauert. Zudem können, solange die Testamentsvollstreckung andauert, auch nach Ablauf der 30-Jahres-Frist, weitere Testamntsvollstrecker ernannt werden. Jedoch endet auch ihre Amtszeit zusammen mit der des Klägers zu 2), dem letzten, der bei Ende der Frist bereits im Amt war.
Die Dauer der Testamentsvollstreckung bleibt von der Frage der Vor- oder Vollerbschaft unberührt. Denn die Übertragung der Nachlassverwaltung auf ein aus mehreren Personen bestehendes Gremium nebst detaillierter Regelung über die Ergänzung des Gremiums bei Wegfall eines Mitglieds zeigt, dass die angestrebte lange Dauer der Testamentsvollstreckung nicht von einer Einzelperson (z.B. Vollerben) abhängig sein soll.
Auch wenn die Testamentsvollstrecker zwischen 1981 und 1994 nicht im Amt waren, kommt eine Verwirkung der Testamentsvollstreckung nicht in Betracht, da grundsätzlich nur subjektive Rechte der Verwirkung unterliegen, nicht aber Rechtspositionen. Darüber hinaus hat der Kläger zu 3) auch durch sein Verhalten keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, der die spätere Geltendmachung seiner Rechtstellung als unbillige Härte erscheinen ließe. Mangels Besitzrechts auf Seiten des Beklagten hatte er auch dem Herausgabeverlangen des Testamentsvollstreckers gem. § 2205 BGB nachzukommen, da das streitbefangene Grundstück mit Nachlassmitteln erworben wurde. Dem steht auch die Nutzung des Hauses zu Repräsentationszwecken nicht entgegen. Ein mögliches Zurückbehaltungsrecht als Erbschaftsbesitzer wegen eines Pflichtteilsanspruchs kann dem Testamentsvollstrecker gegenüber nicht geltend gemacht werden, ebenso wenig der nach § 242 BGB erhobene Einwand des schlechten Gesundheitszustandes. § 574 BGB findet bei der unentgeltlichen Überlassung von Wohnraum keine Anwendung.
Auch gilt das Verfügungsrecht nach § 2205 Abs. 2 BGB, dessen Durchsetzung der dort ebenfalls geregelte Herausgabeanspruch dient, selbst dann, wenn die Verfügung einer ordnungsgemäßen Verwaltung widerspricht. Ein Pflichtenverstoß kann dem Testamtsvollstrecker dehalb auch nach dieser Norm nicht vorgehalten werden.
Darüber hinaus ist den Klägern kein treuwidriges Verhalten vorzuwerfen; bei der pflichtgemäßen Vermögensverwaltung steht ihnen ein Ermessensspielraum zu. Die Veräußerung des Grundstücks liegt im Ermessensrahmen der gebotenen wirtschaftlichen Vorgehensweise. Zudem entspricht dies den Vorgaben des Erblassers, der vorrangig den Zusammenhalt des Erbes sicherstellen wollte.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 14.07.2008, 12 U 221/04