Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatzweise Ernennung von Testamentsvollstreckern nach Ablauf der 30-Jahres-Frist. Testamentsvollstreckung. 30-Jahres-Frist. Ersatztestamentsvollstrecker

 

Leitsatz (redaktionell)

(1) Nach der sog. Amtstheorie endet die Testamentsvollstreckung nicht mit Ablauf der 30-Jahres-Frist gem. § 2210 Abs. 1 BGB, sondern mit Tod des letzten Testamentsvollstreckers, der zu diesem Zeitpunkt noch im Amt ist. Solange diese Testamentsvollstreckung andauert, können auch weitere Testamentsvollstrecker ernannt werden. Jedoch endet auch ihre Amtszeit mit dem Tode dessen, der bei Fristablauf noch im Amt war.

(2) Das Amt des Testamentsvollstreckers unterliegt nicht der Verwirkung, da grundsätzlich nur subjektive Rechte, nicht aber Rechtspositionen verwirkt werden können.

 

Normenkette

BGB § 2210 S. 1, §§ 242, 574, 2205; ZPO §§ 529, 533 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 13.08.2004; Aktenzeichen 29 O 543/03)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 13.8.2004 verkündete Urteil des LG Berlin - 29 O 543/03 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 55.000 EUR abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Dem Beklagten wird eine Frist zur Herausgabe des streitgegenständlichen Grundstücks an die Kläger bis zum 31.3.2009 bewilligt.

 

Gründe

A.I. Die am 29.10.2004 bei Gericht eingegangene und - nach entsprechender Fristverlängerung - am 29.10.2004 begründete Berufung richtet sich gegen das am 13.8.2004 verkündete und dem Beklagten am 29.9.2004 zugestellte Urteil des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Das LG hat den Beklagten antragsgemäß zur Herausgabe des von ihm innegehaltenen Grundstücks K.-allee ... in B.-G. nebst des von ihm bewohnten Gebäudes an die Kläger als Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am 20.7.1951 verstorbenen Wilhelm Prinz von Preußen verurteilt. Insbesondere hat es die Fortdauer der Testamentsvollstreckung, damit eine Prozessführungsbefugnis der Kläger als Partei kraft Amtes bejaht und die Klage in der Sache nach § 2205 Abs. 1 Satz 2 BGB als begründet angesehen.

In ihrer Berufungserwiderung vom 9.6.2005 haben die Kläger erklärt, der bisherige Kläger zu 1), Friedrich Wilhelm Fürst von Hohenzollern, habe nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LG seinen Amt als Testamentsvollstrecker gekündigt; an seine Stelle trete nunmehr auf Klägerseite als neuer Kläger zu 1) der vom Präsidenten des BGH zum Testamentsvollstrecker bestellte Dr. R.H. in den Rechtsstreit ein.

Der Kläger zu 3) Dr. P.N. hat mit Schreiben vom 27.4.2006 gleichfalls sein Amt als Testamentsvollstrecker gekündigt. Insoweit erklären beide Parteien den Rechtsstreit mit widerstreitenden Kostenanträgen übereinstimmend für erledigt.

II. Zur Begründung seiner Berufung sowie im Hinblick auf die Erklärungen der Kläger zum Wechsel des Klägers zu 1) und der Beendigung des Amtes des Klägers zu 3) trägt der Beklagte vor:

1. Das LG habe entgegen seiner Verpflichtung nach § 56 ZPO nicht berücksichtigt, dass sowohl die ursprünglichen Kläger als auch der neue Kläger zu 1) als Partei kraft Amtes nicht prozessführungsbefugt seien und die Klage infolgedessen unzulässig sei.

a) Es stehe nicht fest, ob L.F. Prinz von Preußen Vorerbe oder Vollerbe nach Wilhelm Prinz von Preußen geworden sei. Nur für den Fall jedoch, dass Prinz L.F. Vorerbe sei, seien die Kläger prozessführungsbefugt; ansonsten sei die Testamentsvollstreckung beendet. Den Vorerbfall habe das LG aber nicht festgestellt.

b) Darüber hinaus habe der ursprüngliche Kläger zu 1), Friedrich Wilhelm Fürst von Hohenzollern, sein Amt als Testamentsvollstrecker bereits vor Rechtshängigkeit der Klage wirksam gekündigt. Folglich sei das ihn betreffende Verfahren abzutrennen und die Klage als unzulässig abzuweisen.

c) Der Kläger zu 2), J.F. Erbgraf zu Castell-Rüdenhausen, habe dadurch konkludent auf sein Amt verzichtet und seine Rechtsstellung dadurch verwirkt, dass er - wie in einem Protokoll der Testamentsvollstreckersitzung vom 4.7.1995 dokumentiert - ab 1981 bis zum Tod von Prinz L.F. 1994 nicht im Amt gewesen sei.

d) Die Ernennung von Dr. P.N., des Klägers zu 3), zum Testamentsvollstrecker sei nichtig, weil er bereits als Rechtsanwalt mit Angelegenheiten befasst gewesen sei, die jetzt zu seinem Aufgabenkreis als Testamentsvollstrecker des Nachlasses von Kronprinz W. gehörten.

e) Weil die Kläger zu 2) und 3) dem Präsidenten des BGH den neuen Kläger zu 1), Dr. H., als weiteren Testamentsvollstrecker vorgeschlagen hätten, sei auch dessen Ernennung als unwirksam anzusehen.

f) Die Testamentsvollstreckung sei aus Rechtsgründen in jedem Fall mit dem Tod des letzten vom Erblasser Kronprinz W. bezeichneten Testamentsvollstreckers Dr. H.J. am 16.3.1998 beendet worden. Dies ergebe sich bei zutreffender Auslegung des § 2010 BGB. Eine unendliche Fo...

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