Leitsatz

Erstattungsfähigkeit der erhöhten Verfahrensgebühr (Mehrauftraggebergebühr) bei Klageantrag vor Verkündung der BGH-Entscheidung zur Teilrechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft

 

Normenkette

Nr. 1008 VV RVG, § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO

 

Kommentar

  1. Ist dem von den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragten Anwalt eine erhöhte Verfahrensgebühr (Mehrauftraggebergebühr) erwachsen, so ist diese Gebühr trotz der zwischenzeitlich erfolgten Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit einer Wohnungseigentümergemeinschaft durch den BGH (v. 2.6.2005, V ZB 32/05, NZM 2005, 543 = NJW 2005, 2061) gem. § 91 Abs. 1 ZPO jedenfalls dann erstattungsfähig, wenn die Klage vor dem Zeitpunkt der Verkündung der vorgenannten Grundsatzentscheidung des BGH erhoben worden ist. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BGH im Anschluss an die Anerkennung der Rechtsfähigkeit einer Außen-GbR (v. 29.1.2001, II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 = NZM 2001, 299); auch hier soll dem Rechtsanwalt, der eine Klage vor Verkündung dieser Entscheidung eingeleitet hatte, die Erhöhungsgebühr zustehen (vgl. BGH v. 28.9.2005, VIII ZR 399/03, NZM 2005, 941).
  2. Einer solchen Erstattungsfähigkeit steht auch nicht entgegen, dass eine Klägerseite seinerzeit die Möglichkeit gehabt hätte, als Mitglieder der Gemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss entweder den Verwalter oder auch einen Wohnungseigentümer zu ermächtigen, im Gemeinschaftsrecht begründete Ansprüche in eigenem Namen einzuklagen. Der Umstand, dass die Grundsätze der gewillkürten Prozessstandschaft auch auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Gemeinschaftsrecht Anwendung finden können (BGH v. 4.6.1981, VII ZR 9/80, NJW 1981, 1841), führt erstattungsrechtlich nicht dazu, dass die Wohnungseigentümer die Prozessführung einem von ihnen oder dem von ihm bestellten Verwalter überlassen müssten. Es bedarf schon besonderer Gründe, wenn das im Allgemeinen vorrangige Interesse eines Gläubigers, selbst als Partei an einem seine Rechte betreffenden Rechtsstreit beteiligt zu sein, dem Gebot eines auch im Interesse der Gegenpartei tunlichst kostensparenden Vorgehens untergeordnet sein sollte (vgl. auch OLG Zweibrücken v. 8.6.2005, 3 W 112/05, ZMR 2005, 985).
 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Beschluss vom 15.08.2005, 17 W 161/05OLG Köln v. 15.8.2005, 17 W 161/05, NZM 5/2006, 184

Anmerkung

In vielen Verwalterverträgen ist tatsächlich bisher generalisierend insbesondere zu aktiv zu führenden Wohngeldinkassoverfahren geregelt, dass solche Anträge durch den Verwalter in Vertretung der restlichen Eigentümer (nach früherer Rechtslage) oder auch durch ihn in eigenem Namen (d. h. in gewillkürter Prozessstandschaft) – also wahlweise – geführt werden dürften. Hier kann es nunmehr als h. R. M. gelten, dass sich zumindest ein Schuldner (Antragsgegner) in etwaigen Kostenfestsetzungsverfahren nicht mehr darauf berufen könne, dass die Gläubigerseite in einem solchen Fall (nach "altem Recht") stets – für ihn kostengünstiger – ein solches Verfahren durch den Verwalter in Prozessstandschaft zu führen habe, um der eventuellen Erstattung einer Erhöhungsgebühr der Prozess- bzw. heutigen Verfahrensgebühr zu entgehen. Landgerichte haben insoweit bisher in dieser Kostenfestsetzungsfrage allerdings unterschiedlich entschieden. Es stellt damit sicher auch kein Verschulden eines eine Klageseite vertretenden Anwalts dar, bei einem solchen Mandat nicht stets die für die Verfahrensbeteiligten kostengünstigere Alternative (letztlich zu seinen "Honorarlasten") gewählt zu haben; allerdings sollte er m. E. nach wie vor zumindest seine Mandantschaft auf die Honorarunterschiede hinweisen bzw. in der Vergangenheit (nach alter Rechtslage zur Klagebefugnis) hingewiesen haben.

Nach neuem Recht kann allerdings der Anwalt in solchen Wohngeldinkassoverfahren bei zeitlicher Klageeinreichung nach Verkündung der Grundsatzentscheidung des BGH v. 2.6.2005 nur noch den teilrechtsfähigen Verband auf Antragsteller- bzw. Klägerseite als seine Mandantschaft ansehen oder eben einen durch Vereinbarung oder Beschluss in Prozessstandschaft handlungsverpflichteten Verwalter. In beiden Fällen vertritt er insoweit nur einen Mandanten und erhält damit auch nur die eine gesetzliche Verfahrensgebühr (auch im Erstattungsweg durch einen verurteilten Zahlungsschuldner).

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