Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, Art. 5 GG
Kommentar
Das OLG Celle hat nunmehr im Anschluss an die Hildesheimer Vorentscheidungen entschieden, dass der Anschluss an das Breitbandkabelnetz jedenfalls dann der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfe, wenn diese Entscheidung darauf abziele, eine an sich auf neuestem Stand befindliche, guten Empfang des ersten, zweiten und dritten Fernsehprogrammes, der beiden DDR-Fernsehprogramme sowie der UKW-Rundfunkprogramme gewährleistende Gemeinschaftsantennenanlage zu ersetzen und die Umrüstungs- und Anschlusskosten auf sämtliche Eigentümer.
Die geplante Umrüstung im vorliegenden Fall sei als "bauliche Veränderung" zu qualifizieren (Beseitigung der Gemeinschaftsantennenanlage in wesentlichen Teilen). Die Umrüstungsmaßnahme könne nicht mehr unter ordnungsgemäße Instandsetzung und Instandhaltung eingestuft werden. Selbst bei weiter Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG sei die Schwelle bloßer Instandhaltung/Instandsetzung überschritten, wenn es nur darum gehe, den Standard an Mietkomfort der zur Wohnanlage gehörenden Wohnungen dem jeweiligen technischen Fortschritt oder sonstigen Entwicklungen anzupassen, um damit insbesondere auch fortlaufend Vermietbarkeit und Mietniveau, also Rentabilität zu erhalten. Der Anschluss an das "Kabelfernsehen" gehöre - jedenfalls zur Zeit - keineswegs zum allgemein üblichen und "zwangsläufig" auf die Eigentümer zukommenden Wohnkomfort. Von einem Sachzwang zu einer unbedingten Modernisierung könne keine Rede sein.
Erst bei einer Reparaturbedürftigkeit einer vorhandenen Gemeinschaftsantennenanlage wäre einer Modernisierung Rechnung zu tragen.
Die Eigentümer, die eine Umrüstung nicht wünschten, seien auch in ihrer Rechtstellung nachteilig betroffen. Die Belastung dieser Eigentümer liege in den nicht unerheblichen Mehrkosten, die zumindest in Form von Anschlussgebühren und laufenden Grundgebühren anfielen (bei anteiliger Kostentragungspflicht aller Eigentümer). Im vorliegenden Fall wäre es auch nicht möglich gewesen, die dem Kabelanschluss widersprechenden Eigentümer von diesem Anschluss völlig fern zu halten, weil der Anschluss über die hausinternen Kabelleitungen, die bisher der Gemeinschaftsantennenanlage dienten, erfolgen sollte. Dabei könne es offenbleiben, ob nicht schon allein in der gesamtschuldnerischen Haftung der Wohnungseigentümer für die Anschlusskosten nach außen ein Nachteil im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG gesehen werden könne.
"Einzel-Anschlüssen" könnten sich allerdings widersprechende Eigentümer nicht widersetzen, auch nicht damit verbundenen, unvermeidbaren Eingriffen in das Gemeinschaftseigentum (z. B. durch Verlegen zusätzlicher Leitungen, auch wenn sie nachträglich nicht unter Putz gelegt werden könnten).
Sei eine noch neuwertige Gemeinschaftsantennenanlage vorhanden, ändere an diesem Ergebnis auch nichts die Berücksichtigung der §§ 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG und die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
Link zur Entscheidung
( OLG Celle, Beschluss vom 05.04.1986, 4 W 30/86)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer