Leitsatz

  • Fertigbau einer "steckengebliebenen" Mehrhausanlage

    Kostenverteilungsänderung durch "Zitterbeschluss"

    Zuständigkeitsstreit

    Formelle Verfahrensbeteiligung aller materiell Beteiligten (Betroffenen)

 

Normenkette

§ 16 Abs. 2 WEG, § 21 WEG, § 23 WEG, § 46 WEG, § 17a GVG

 

Kommentar

1.  § 17a GVG ist im Streit über die Gerichtszuständigkeit analog anwendbar.

2. Der Grundsatz, dass alle im Sinne des § 43 Abs. 4 Nr. 1-3 WEG jeweils Beteiligten auch formell am Verfahren beteiligt werden müssen, kann im Einzelfall durchbrochen werden; dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der Regelung; diese Regelung will sicherstellen, dass aus Gründen der Rechtskrafterstreckung ( § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG) formell alle Personen am Verfahren beteiligt werden, die materiell beteiligt sind; dies entspricht dem Gebot des rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärung. Dementsprechend ist es nicht Sinn der Bestimmung, Personen formell am Verfahren zu beteiligen, die materiell von einem solchen Verfahren nicht betroffen sein können. So ist es auch anerkannt, dass in Angelegenheiten, die nur einen begrenzten Kreis von Wohnungseigentümern in ihren rechtlichen Interessen betreffen, auch nur diese formell zu beteiligen sind.

Im vorliegenden Verfahren mussten jedoch entgegen der Meinung der Vorinstanz alle Wohnungseigentümer beteiligt werden, sodass die Streitsache unter Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses zurückverwiesen werden musste, ohne die Kausalitätsfrage prüfen zu müssen.

3. Ob Maßnahmen, die ein Wohnungseigentümer zur erstmaligen ordnungsgemäßen Herstellung des Gemeinschaftseigentums ergreift, Verwaltungsmaßnahmen im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG darstellen und daher der (Mehrheits-)Beschlussfassung der Eigentümer gem. § 21 Abs. 1 WEG unterliegen, entscheidet sich danach, welchen (Gewährleistungs-)Anspruch der Wohnungseigentümer gegen den Werkunternehmer geltend macht und ob der isolierten Geltendmachung dieses Anspruchs durch einen Eigentümer die Gemeinschaftsbezogenheit des Rechts entgegensteht.

4. Die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 2 WEG kann grundsätzlich wirksam nur durch Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung geändert werden. Jedoch wird ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümer, der § 16 Abs. 2 WEG modifiziert (z.B. Verteilung von Instandsetzungskosten in einer Mehrhausanlage nur seitens der Eigentümer eines bestimmten Hauses), wirksam, wenn er nicht innerhalb Monatsfrist ( § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG) angefochten wird.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Naumburg, Beschluss vom 17.05.1999, 11 Wx 19/98= NZM 4/2000, 194)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Auch in dieser Entscheidung - noch vor Bekanntwerden der neuen Lit.-Meinungen insbesondere von Wenzel Ende 1999 (zuvor allerdings bereits Hauger und Buck), der sich zwischenzeitlich auch führende Kommentatoren (Merle, Bub, Kreuzer) angeschlossen haben - wurde also auch hier noch der sog. kostenverteilungsändernde Zitterbeschluss anerkannt (im Sinne der bisherigen, verfestigten obergerichtlichen Rechtsprechung; vgl. zur Kritik gegenüber Wenzels Auffassung u.a. auch Deckert, NZM 8/2000, 361ff.).

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