Leitsatz

Ein Wohnungseigentümer ist nicht berechtigt, durch eine Klage den Verwalter zur Durchführung von Beschlüssen zu zwingen.

 

Normenkette

WEG § 27 Abs. 1 Nr. 1

 

Das Problem

Wohnungseigentümer K klagt gegen Verwalter V auf die Durchführung eines von den Wohnungseigentümern gefassten Beschlusses. Im Laufe des Berufungsverfahrens erfüllt der Verwalter diese Pflicht. Daraufhin erklären die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Streitig ist, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

 

Die Entscheidung

Nach Ansicht des Landgerichts muss K die Kosten tragen. Die Berufung hätte keine Aussicht auf Erfolg gehabt.

  1. K's Antrag sei vom Beschluss, den die Wohnungseigentümer gefasst hätten, abgewichen. K verlange von V ausschließlich, die Ursache der Wassereinbrüche in seinen Kellerräumen festzustellen. Demgegenüber habe der Beschluss allgemein die Ursachen des Wassereinbruchs im Kellergeschoss umfasst – eine Beschränkung des Beschlusses auf K's Sondereigentum sei in dem Beschluss also nicht enthalten gewesen, sodass der begehrte Antrag nicht die Umsetzung des Beschlusses enthalte.
  2. Letztlich komme es hierauf allerdings nicht an, denn die Kammer teile die Ansicht des Amtsgerichts, dass ein Wohnungseigentümer nicht berechtigt sei, durch eine Klage gegen den Verwalter die Durchführung von beschlossenen Maßnahmen zu erzwingen (Hinweis auf LG Hamburg v. 2.3.2016, 318 S 22/15, ZWE 2016 S. 278 und anderer Ansicht Hügel/Elzer, WEG, 1. Auflage 2015, § 27 Rn. 6). Wie der Bundesgerichtshof entschieden habe, obliege die Umsetzung von Beschlüssen nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG dem Verwalter, der der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – und nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer – auf Erfüllung und gegebenenfalls auf Schadensersatz hafte (Hinweis auf BGH v. 13.7.2012, V ZR 94/11, NJW 2012 S. 2955 Rn. 19). Demzufolge sei es Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – die mit dem Verwalter den Verwaltervertrag geschlossen habe – und nicht des einzelnen Wohnungseigentümers, Ansprüche auf die Durchführung von Beschlüssen gegenüber dem Verwalter durchzusetzen.
  3. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Verwaltervertrag auch Schutzwirkungen zugunsten des einzelnen Wohnungseigentümers entfalte. Soweit dem einzelnen Wohnungseigentümer insoweit Schadensersatzansprüche zustünden, die nicht das gemeinschaftliche Eigentum beträfen, könne er diese zwar unmittelbar gegen den Verwalter geltend machen (Hinweis auf BGH v. 2.10.1991, V ZB 9/91, NJW 1992 S. 182). Dieses beträfe allerdings lediglich die ihn betreffenden Sekundäransprüche. Eine Befugnis des einzelnen Wohnungseigentümers auch die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einheitlich zustehenden Erfüllungsansprüche gerichtlich geltend zu machen, könne hieraus nicht hergeleitet werden. Insoweit müsse der einzelne Wohnungseigentümer gegebenenfalls bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer darauf hinwirken, dass diese gegenüber dem Verwalter tätig werde, wozu aus dem mitgliedschaftlichen Treueverhältnis ein Anspruch bestehen könne (Hinweis auf BGH v. 13.7.2012, V ZR 94/11, NJW 2012 S. 2955 Rn. 19).
  4. Für diese Ansicht sprächen letztlich auch praktische Erwägungen, denn gerade bei der oft im Streit stehenden Frage, ob ein Beschluss vollständig umgesetzt worden sei oder nicht, sei es Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über diese Frage zu befinden und gegebenenfalls durch ergänzende Anweisungen an den Verwalter, diesen zu entsprechenden Tätigkeiten zu veranlassen.
 

Kommentar

Anmerkung

Führt der Verwalter zu Unrecht einen Beschluss nicht durch, kann jeder Wohnungseigentümer – gestützt auf § 21 Abs. 4 WEG – vom Verwalter verlangen, dass dieser Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchführt. Denn es geht nicht um den Verwaltervertrag und seine Bewertung, sondern um die Amtspflichten des Verwalters. Die Amtspflichten bestehen aber gegenüber jedem Wohnungseigentümer. Das Landgericht liegt meines Erachtens also zu 100 % falsch.

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Der Verwalter muss nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 WEG von Amts wegen jeden nicht für ungültig erklärten oder von Anfang an nichtigen Beschluss, nach Sinn und Zweck der Regelung aber auch jede wirksame Vereinbarung, zeitnah, in der Regel sogar im Sinne von § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB unverzüglich, durchführen. Zwar ist es eine Frage ordnungsmäßiger Verwaltung, wann eine Maßnahme getroffen wird. Haben die Wohnungseigentümer einen Beschluss gefasst und nicht beschlossen, dass er später oder bei Eintritt einer Bedingung durchzuführen ist, steht aber fest, dass allein seine sofortige Durchführung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Auf die Bestandskraft kommt es nicht an. Unerheblich ist auch, ob der durchzuführende Beschluss angefochten wurde, es sei denn, der Verwalter selbst ist der Kläger.
  2. Der Verwalter ist nicht befugt, der Entscheidung der Wohnungseigentümer – selbst wenn sie ihm oder "jedermann" als "falsch" erscheint – sein Ermessen nach einer Abwägung entgegenzustellen und danach zunächst von einer Durc...

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