Aet Bergmann, Anne Saaber
Rz. 49
Das Erbverfahren wird von einem estnischen Notar durchgeführt, wenn der letzte Wohnsitz des Erblassers in Estland war. Wenn der letzte Wohnsitz des Erblassers im Ausland war, führt der estnische Notar das Erbverfahren nur in Bezug auf den sich in Estland befindenden Nachlass durch, falls das Erbverfahren im Ausland nicht durchführbar ist oder nicht den Nachlass in Estland umfasst oder wenn ein dort ausgestellter Erbschein in Estland nicht anerkannt wird.
Den Antrag auf Eröffnung des Nachlassverfahrens stellt der Erbe, ein Gläubiger des Erblassers, ein Vermächtnisempfänger oder eine andere Person, die Rechte auf die Erbschaft hat, in notariell beurkundeter Form. Der Notar macht dazu eine Eintragung im Erbregister.
Rz. 50
Der Notar kontrolliert Einträge im Erbregister zu vorhandenen Testamenten und Erbverträgen und holt diese zu sich. Er fragt in einschlägigen estnischen Registern und Banken die vorhandenen Informationen ab und veröffentlicht eine Anzeige über die Eröffnung des Nachlassverfahrens. Danach informiert er alle ihm bekannten Erben und Vermächtnisempfänger über die Eröffnung des Nachlassverfahrens, ebenso alle anderen Personen, die laut Testament oder Erbvertrag Rechte oder Pflichten haben und, falls ein Testament oder Erbvertrag vorhanden ist, auch die gesetzlichen Erben. Falls der Wohnort dieser Personen unbekannt ist, werden sie über ein Aufrufverfahren kontaktiert.
Rz. 51
Wenn alle Erben ermittelt sind und die Erbfolge festgestellt ist, aber frühestens einen Monat nach der Veröffentlichung der Anzeige über die Eröffnung des Nachlassverfahrens, stellt der Notar den Erbschein aus. Der Erbschein beinhaltet folgende Angaben:
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den oder die Erben und bei mehreren Erben ihre Anteile an der Erbschaft; |
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die Angaben des Testamentsvollstreckers, falls ein solcher bestellt ist; |
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Angaben des überlebenden Ehegatten oder, falls der Ehegatte vor dem Erbfall gestorben und das gemeinschaftliche Eigentum der Ehegatten noch ungeteilt ist, auch die Angaben des verstorbenen Ehegatten und die Eigentumsverhältnisse. |
Rz. 52
Ein Vermächtnisempfänger bekommt nur auf Antrag einen separaten Erbschein über das Vermächtnis, in dem seine Person und der Gegenstand des Vermächtnisses vermerkt sind. Ein Pflichtteilberechtigter bekommt ebenfalls auf Antrag einen separaten Erbschein über den Umfang des ihm zustehenden Pflichtteils vom Gesamtnachlass.
Auf Grundlage des Erbscheins lässt der Notar den oder die Erben als Eigentümer von in Estland gelegenen Immobilien im Grundbuch eintragen.
Bankkonten werden bei Vorlage des Erbscheins gelöscht und das Vermögen auf dem Bankkonto nach Anweisung des oder der Erben übertragen. Bankschließfächer werden bei Vorlage des Erbscheins geöffnet und der Inhalt an den oder die Erben übergeben. Das Eigentum an anderem Vermögen geht automatisch an den oder die Erben über; in entsprechenden Registern werden die anfallenden Änderungen auf Antrag des oder der Erben vorgenommen.