Leitsatz

Die Eltern stritten sich darüber, ob die Kindesmutter die beiden gemeinsamen in den Jahren 1997 und 2001 geborenen Kinder widerrechtlich von Italien nach Deutschland verbracht hatte. Der italienische Vater verlangte von ihr die Rückführung der Kinder nach Italien. Die Eltern waren nicht miteinander verheiratet, lebten aber bis September 2004 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Anlässlich ihrer Trennung trafen die Parteien eine Vereinbarung, wonach die Mutter das Sorgerecht für die beiden Kinder erhalten und der Vater den Kontakt zu diesen im Rahmen eines Wochenendumgangs alle zwei Wochen sowie Besuchen unter der Woche aufrechterhalten sollte. Im Jahre 2005 heiratete die Mutter einen deutschen Staatsangehörigen. Aus dieser Ehe ging eine weitere Tochter hervor.

Im März 2006 wandte sich die Mutter an das Jugendgericht in Mailand, um im Hinblick auf die von ihr beabsichtigte Übersiedlung nach Deutschland eine Reduzierung des Umgangsrechts des Vaters zu erwirken. Am 10.1.2007 erwirkte sie einen Beschluss des italienischen Vormundschaftsgerichts, worin ihr im Hinblick auf ihr alleiniges Sorgerecht eine Erlaubnis, die beiden Kinder in ihren Reisepass einzutragen, erteilt wurde. Am 25.1.2007 verließ die Mutter Italien zusammen mit allen drei Kindern in Richtung Deutschland, wo sie sich seither aufhält. Am 30.1.2007 hat das Jugendgericht Mailand durch vorläufige Verfügung dem Kindesvater die Ausübung der elterlichen Sorge übertragen und der Mutter aufgegeben, die gemeinsamen Kinder der Parteien sofort nach Italien zurückzubringen.

Diese Entscheidung wurde von der Mutter angefochten.

Der Vater beantragte am 1.2.2007 in Deutschland, die Kinder nach Art. 12 des HKiEntÜ nach Italien zurückzuführen, da ihre Verbringung nach Deutschland widerrechtlich gewesen sei. Dabei stützte er sich auch auf drei Widerrechtlichkeitsbescheinigungen der Zentrale Behörde Italiens nach Art. 15 HKiEntÜ. Außerdem beantragte er die sofortige Vollstreckung der in der vorläufigen Verfügung des Jugendgerichts Mailand enthaltenen Rückführungsanordnung gem. § 42 der VO (EG) Nr. 2201/03 (Brüssel IIa).

Das erstinstanzliche Gericht hat am 2.3.2007 im Sinne des Vaters entschieden und die Herausgabe der beiden gemeinsamen Kinder an diesen zum Zwecke der Rückführung nach Italien angeordnet. Hiergegen wandte sich die Mutter mit ihrer sofortigen Beschwerde.

Ihr Rechtsmittel hatte Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hob die Rückführungsanordnung des FamG auf und wies den entsprechenden Antrag des Vaters zurück. Die Verbringung der Kinder sei nicht widerrechtlich i.S.v. Art. 12 HKiEntÜ gewesen, da die Mutter aufgrund der nach italienischem Recht zulässigen und im vorliegenden Fall wirksamen Vereinbarung der Eltern bei ihrer Ausreise Alleininhaberin der elterlichen Sorge gewesen sei. Eine Bindung an die Widerrechtlichkeitsbescheinigungen der italienischen Zentralen Behörde bestehe nicht, weil sich diese auf eine nach der Ausreise der Mutter durch die Sorgerechtsentscheidung des Jugendgerichts Mailand geschaffene Rechtslage bezögen. Für die Frage der Widerrechtlichkeit komme es jedoch ausschließlich auf Zeitpunkt des Verbringens an, deshalb könne eine spätere Übertragung des Sorgerechts keinen Einfluss haben.

Auch dem Vollstreckungsantrag des Vaters in Bezug auf die vom italienischen Gericht getroffene Rückführungsanordnung folgte das OLG nicht. Es handele sich hier nicht um eine ohne weitere Vollstreckbarkeitserklärung durchzusetzende Rückgabeentscheidung i.S.v. Art. 42 der VO (EG) Nr. 2201/03 (Brüssel IIa).

Voraussetzung hierfür sei, dass zunächst ein Rückführungsverfahren im Hinblick auf Art. 13 dieses Übereinkommens erfolglos durchlaufen worden sei und anschließend ein Gericht des Heimatstaates die Rückführung angeordnet habe.

Im vorliegenden Verfahren liege die Entscheidung des Jugendgerichts Mailand, dessen Vollstreckung begehrt werde, zeitlich zwischen der Verbringung der Kinder nach Deutschland und der Entscheidung über den Antrag nach Art. 12 HKiEntÜ.

 

Link zur Entscheidung

OLG Celle, Beschluss vom 24.05.2007, 17 UF 72/07

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