Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Luftverkehr. Ausgleichsleistungen für Fluggäste bei großer Verspätung von Flügen. Ausgleichsanspruch bei Verspätung. Dauer der Verspätung. Zeitpunkt der Öffnung der Flugzeugtür am Zielort. Tatsächliche Ankunftszeit. Planmäßige Ankunftszeit. Frage, über die der Gerichtshof bereits entschieden hat, oder Antwort, die klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden kann

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 261/2004

 

Beteiligte

FP Passenger Service

FP Passenger Service GmbH

Austrian Airlines AG

 

Tenor

Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist im Licht des Urteils vom 4. September 2014, Germanwings (C-452/13, EU:C:2014:2141), dahin auszulegen, dass zur Bestimmung des Ausmaßes der den Fluggästen bei der Ankunft entstandenen Verspätung die Zeitspanne zu berechnen ist, die zwischen der planmäßigen Ankunftszeit und der tatsächlichen Ankunftszeit – d. h. dem Zeitpunkt, zu dem mindestens eine der Flugzeugtüren geöffnet wird, sofern den Fluggästen in diesem Moment das Verlassen des Flugzeugs gestattet ist – verstrichen ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landesgericht Korneuburg (Österreich) mit Entscheidung vom 2. Juli 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 3. September 2019, in dem Verfahren

FP Passenger Service GmbH

gegen

Austrian Airlines AG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin L. S. Rossi sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter) und F. Biltgen,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der FP Passenger Service GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin F. Puschkarski und Rechtsanwalt B. Passin,
  • der Austrian Airlines AG, vertreten durch Rechtsanwalt G. Gries,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll und G. Kunnert als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und M. Hellmann als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und N. Yerrell als Bevollmächtigte,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 5 bis 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. 2004, L 46, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der FP Passenger Service GmbH und der Austrian Airlines AG, der Ausgleichszahlungen für einen Fluggast der Austrian Airlines AG wegen der Verspätung betrifft, mit der das Flugzeug, in dem er sich befand, am Flughafen Wien-Schwechat (Österreich) angekommen ist.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Der erste Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 261/2004 lautet:

„Die Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich des Luftverkehrs sollten unter anderem darauf abzielen, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen. Ferner sollte den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen in vollem Umfang Rechnung getragen werden.”

Rz. 4

In Art. 2 („Begriffsbestimmungen”) dieser Verordnung heißt es:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

f) ‚Flugschein’ ein gültiges, einen Anspruch auf Beförderungsleistung begründendes Dokument oder eine gleichwertige papierlose, auch elektronisch ausgestellte Berechtigung, das bzw. die von dem Luftfahrtunternehmen oder dessen zugelassenem Vermittler ausgegeben oder genehmigt wurde;

h) ‚Endziel’ den Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein bzw. bei direkten Anschlussflügen den Zielort des letzten Fluges; verfügbare alternative Anschlussflüge bleiben unberücksichtigt, wenn die planmäßige Ankunftszeit eingehalten wird”.

Rz. 5

Art. 5 („Annullierung”) der Verordnung Nr. 261/2004 sieht vor:

„(1) Bei Annullierung eines Fluges [wird] den betroffenen Fluggästen

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,

iii) sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankun...

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