Entscheidungsstichwort (Thema)

Freiwillige Gerichtsbarkeit. Bestellung eines Liquidators einer Gesellschaft. Unzuständigkeit des Gerichtshofs

 

Beteiligte

Amiraike Berlin

Amiraike Berlin GmbH

 

Tenor

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für eine Beantwortung der vom Amtsgericht Charlottenburg mit Entscheidung vom 7. November 2008 vorgelegten Frage offensichtlich unzuständig.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Amtsgericht Charlottenburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 7. November 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 17. November 2008, in dem Verfahren

Amiraike Berlin GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter G. Arestis, J. Malenovský und T. von Danwitz,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 10 EG, 43 EG und 48 EG.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Verfahrens über den Antrag der Amiraike Berlin GmbH (im Folgenden: Amiraike), einer Gesellschaft deutschen Rechts, auf Bestellung eines Nachtragsliquidators für das in Deutschland verbliebene Vermögen der Aero Campus Cottbus Ltd (im Folgenden: AeroCC), einer Gesellschaft englischen Rechts.

Rechtlicher Rahmen

Deutsches Recht

Rz. 3

§ 273 („Schluss der Abwicklung”) des Aktiengesetzes vom 6. September 1965 (BGBl. 1965 I S. 1086) bestimmt:

„(1) Ist die Abwicklung beendet und die Schlussrechnung gelegt, so haben die Abwickler den Schluss der Abwicklung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Gesellschaft ist zu löschen.

(4) Stellt sich nachträglich heraus, dass weitere Abwicklungsmaßnahmen nötig sind, so hat auf Antrag eines Beteiligten das Gericht die bisherigen Abwickler neu zu bestellen oder andere Abwickler zu berufen …

(5) Gegen die Entscheidungen nach den Absätzen 2, 3 und 4 Satz 1 ist die Beschwerde zulässig.”

Rz. 4

Nach § 145 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Mai 1998 ist das Amtsgericht zuständig für die Bestellung eines Abwicklers gemäß § 273 Abs. 4 des Aktiengesetzes.

Rz. 5

Nach § 43 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch unterliegen Rechte an einer Sache dem Recht des Staates, in dem sich die Sache befindet.

Englisches Recht

Rz. 6

Das Gesellschaftsgesetz von 2006 (Companies Act 2006, im Folgenden: CA 2006) verpflichtet Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die Jahresabschlüsse einzureichen.

Rz. 7

Section 1000 des CA 2006 bestimmt:

„(1) Hat der Registerführer stichhaltige Gründe für die Annahme, dass eine Gesellschaft keine Geschäftstätigkeit ausübt, kann er an die Gesellschaft per Post ein Schreiben mit der Frage richten, ob sie eine Geschäftstätigkeit betreibt.

(2) Erhält der Registerbeamte nicht innerhalb eines Monats nach Übersendung des Schreibens eine Antwort darauf, so hat er innerhalb von 14 Tagen nach Ablauf dieses Monats der Gesellschaft einen Einschreibebrief mit Bezug auf das erste Schreiben zu übersenden, mit dem festgestellt wird,

  1. dass keine Antwort eingegangen ist und
  2. dass für den Fall, dass auf das zweite Schreiben nicht innerhalb eines Monats ab dessen Datum eine Antwort eingeht, in der Gazette (Amtsblatt) ein Vermerk über die Streichung der Bezeichnung der Gesellschaft aus dem Register veröffentlicht werden wird.

(3) Wenn der Registerbeamte

(a) eine Antwort dahin erhält, dass die Gesellschaft keine Geschäftstätigkeit ausübt, oder

(b) nicht innerhalb eines Monats nach Übersendung des zweiten Schreibens eine Antwort erhält,

so kann er in der Gazette einen Vermerk veröffentlichen und der Gesellschaft per Post übersenden, dass nach Ablauf von drei Monaten ab dem Zeitpunkt des Vermerks die darin aufgeführte Bezeichnung der Gesellschaft aus dem Register gestrichen und die Gesellschaft aufgelöst wird, sofern kein Grund dargetan wird, dies nicht zu tun.

(4) Bei Ablauf der im Vermerk angegebenen Frist kann der Registerbeamte die Bezeichnung der Gesellschaft aus dem Register streichen, sofern kein Grund dargetan wird, dies nicht zu tun.

(5) Der Registerbeamte muss eine Bekanntmachung der Streichung der Bezeichnung der Gesellschaft aus dem Register in der Gazette veröffentlichen.

(6) Mit der Veröffentlichung der Bekanntmachung in der Gazette wird die Gesellschaft aufgelöst.

(7) Jedoch

(a) bleibt (gegebenenfalls) die Haftung jedes Direktors, Geschäftsführers und Gesellschafters bestehen und kann geltend gemacht werden, als ob die Gesellschaft nicht aufgelöst worden wäre, und

(b) berührt keine Bestimmung dieser Section die Befugnis des Gerichts, eine Gesellschaft zu liquidieren, deren Bezeichnung aus dem Register gestrichen worden ist.”

Rz. 8

Section 1012 des CA 2006 bestimmt:

„(1) Wird eine Gesellschaft aufgelöst, gelten Eigentum und Rechte aller Art, die der Gesellschaft unmittelbar vor ihrer Auflösung gehört haben oder die von ihr treuhänderisch gehalten wurden (unte...

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