Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Anwendungsbereich. Ausgeschlossene Rechtsgebiete. Eheliche Güterstände. Auflösung der Ehe. Teilung eines während der Ehe erworbenen Gegenstands
Normenkette
Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99; Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 Art. 1 Abs. 2 Buchst. a
Beteiligte
Tenor
Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass ein Rechtsstreit wie der im Ausgangsfall, der – nach Ausspruch der Scheidung – die Teilung einer beweglichen Sache betrifft, die während der Ehe von Ehegatten, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind, ihren Wohnsitz jedoch in einem anderen Mitgliedstaat haben, erworben wurde, nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung, sondern unter die ehelichen Güterstände und damit unter die Ausnahmevorschrift von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a fällt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Rayonen sad Varna (Kreisgericht Varna, Bulgarien) mit Entscheidung vom 26. Januar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Februar 2017, in dem Verfahren
Todor Iliev
gegen
Blagovesta Ilieva
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter J.-C. Bonichot und C. G. Fernlund (Berichterstatter),
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund der nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Todor Iliev und Frau Blagovesta Ilieva über die Teilung eines Kraftfahrzeugs infolge der Auflösung ihrer Ehe.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 1215/2012
Rz. 3
Im 34. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1215/2012 hat der Europäische Rat die Notwendigkeit unterstrichen, die Kontinuität zwischen dem Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32, im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) und den es ersetzenden Verordnungen zu wahren, und zwar auch hinsichtlich der vom Gerichtshof bereits vorgenommenen Auslegung der Bestimmungen des Übereinkommens, die denen der Verordnung Nr. 1215/2012 entsprechen.
Rz. 4
Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012 sieht vor:
„(1) Diese Verordnung ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Sie gilt insbesondere nicht für Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten oder die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte (acta iure imperii).
(2) Sie ist nicht anzuwenden auf:
a) den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die ehelichen Güterstände oder Güterstände aufgrund von Verhältnissen, die nach dem auf diese Verhältnisse anzuwendenden Recht mit der Ehe vergleichbare Wirkungen entfalten”.
Rz. 5
Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:
„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.”
Rz. 6
Nach Art. 80 der Verordnung Nr. 1215/2012 wird durch diese Verordnung die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1) aufgehoben.
Rz. 7
Art. 81 der Verordnung Nr. 1215/2012 lautet:
„…
[Diese Verordnung] gilt ab dem 10. Januar 2015, mit Ausnahme der Artikel 75 und 76, die ab dem 10. Januar 2014 gelten.”
Brüsseler Übereinkommen
Rz. 8
Art. 1 des Brüsseler Übereinkommens hat folgenden Wortlaut:
„Dieses Übereinkommen ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. …
Es ist nicht anzuwenden auf:
1. den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts;
…”
Bulgarisches Recht
Gesetzbuch über das internationale Privatrecht
Rz. 9
Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 des G...