Entscheidungsstichwort (Thema)
Patentrecht. Arzneimittel. Verordnung (EWG) Nr. 1768/92. Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel. Begriff ‚Erzeugnis’. Begriff ‚Wirkstoffzusammensetzung’
Normenkette
EuGH-VerfO Art. 104
Beteiligte
Yissum Research and Development Company of the Hebrew University of Jerusalem |
Comptroller-General of Patents |
Tenor
Art. 1 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel in der Fassung aufgrund der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge ist dahin auszulegen, dass dann, wenn das Grundpatent eine zweite medizinische Verwendung eines Wirkstoffs schützt, diese Verwendung kein integraler Bestandteil der Definition des Erzeugnisses ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Patents Court) (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 10. Dezember 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Mai 2005, in dem Verfahren
Yissum Research and Development Company of the Hebrew University of Jerusalem
gegen
Comptroller-General of Patents
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Juhász sowie der Richter G. Arestis (Berichterstatter) und J. Malenovský,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: R. Grass,
gemäß Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung, wonach der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden kann,
nach Anhörung des Generalanwalts
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel (ABl. L 182, S. 1) in der Fassung aufgrund der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1, im Folgenden: Verordnung Nr. 1768/92).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen einer Klage der Yissum Research and Development Company of the Hebrew University of Jerusalem (im Folgenden: Yissum) gegen die Entscheidung des Comptroller-General of Patents (britisches Patentamt, im Folgenden: Patent Office) über die Ablehnung des Antrags auf ein ergänzendes Schutzzertifikat, den Yissum für „Calcitriol” gestellt hatte.
Rechtlicher Rahmen
3 Art. 1 der Verordnung Nr. 1768/92 bestimmt:
„Im Sinne dieser Verordnung ist
- Arzneimittel: ein Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der (die) als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet wird, sowie ein Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der (die) dazu bestimmt ist, im oder am menschlichen oder tierischen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen oder tierischen Körperfunktionen angewandt zu werden;
- Erzeugnis: der Wirkstoff oder die Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels;
- Grundpatent: ein Patent, das ein Erzeugnis im Sinne des Buchstabens b) als solches, ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses oder eine Verwendung eines Erzeugnisses schützt und das von seinem Inhaber für das Verfahren zur Erteilung eines Zertifikats bestimmt ist;
- Zertifikat: das ergänzende Schutzzertifikat.”
4 Art. 3 der Verordnung Nr. 1768/92, der die Bedingungen für die Erteilung des Zertifikats festlegt, sieht vor:
„Das Zertifikat wird erteilt, wenn in dem Mitgliedstaat, in dem die Anmeldung nach Artikel 7 eingereicht wird, zum Zeitpunkt dieser Anmeldung
- das Erzeugnis durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist;
- für das Erzeugnis als Arzneimittel eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie 65/65/EWG bzw. der Richtlinie 81/851/EWG erteilt wurde …;
- für das Erzeugnis nicht bereits ein Zertifikat erteilt wurde;
- die unter Buchstabe b) erwähnte Genehmigung die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses als Arzneimittel ist.”
Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefragen
5 Seit dem 19. Juli 1989 ist Yissum Inhaberin eines europäischen Patents mit der Bezeichnung „Zusammensetzungen mit l-Alpha-Hydroxycholecalciferol zum kosmetischen und dermatologischen Gebrauch”. Dieses Patent bezieht sich u. a. auf eine Zusammensetzung, die zur örtlichen Behandlung von Hauterkrankungen bestimmt ist und einen Bestandteil von l-Alpha-Hydroxycholecalciferol oder 1-Alpha, 25-Dihydroxycholecalciferol), allgemein bekannt als „Calcitriol”, enthält. Von diesem Patent wird auch die gleiche Zusammensetzung in Verbindung mit einem geeigneten Trägerstoff für die Herstellung einer Creme, einer Salbe oder einer Lotion erfasst.
6 Am 12. Dezember 2001 wurde der Galderma Ltd im Verein...