Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Wirtschafts- und Währungspolitik. Aufsicht über Kreditinstitute. Der Europäischen Zentralbank (EZB) übertragene besondere Aufgaben. Beschluss, mit dem einem Kreditinstitut die Zulassung entzogen wird. Neuer Antrag
Normenkette
Verordnung (EU) Nr. 1024/2013
Beteiligte
Anglo Austrian AAB und Belegging-Maatschappij „Far-East”/ EZB |
Belegging-Maatschappij „Far-East” BV |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Anglo Austrian AAB AG und die Belegging-Maatschappij „Far-East” BV tragen die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 57 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 18. Mai 2020,
Anglo Austrian AAB AG, vormals Anglo Austrian AAB Bank AG, mit Sitz in Wien (Österreich),
Belegging-Maatschappij „Far-East” BV mit Sitz in Velp (Niederlande),
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt O. H. Behrends,
Rechtsmittelführerinnen,
andere Partei des Verfahrens:
Europäische Zentralbank (EZB), vertreten durch C. Hernández Saseta, E. Yoo und V. Hümpfner als Bevollmächtigte,
Antragsgegnerin im ersten Rechtszug,
erlässt
DIE VIZEPRÄSIDENTIN DES GERICHTSHOFS
nach Anhörung des Generalanwalts M. Szpunar
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehren die Anglo Austrian AAB AG, vormals Anglo Austrian AAB Bank AG (im Folgenden: AAB), und die Belegging-Maatschappij „Far-East” BV die Aufhebung des Beschlusses des Präsidenten des Gerichts der Europäischen Union vom 15. April 2020, Anglo Austrian AAB und Belegging-Maatschappij „Far-East”/EZB (T-797/19 RII, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2020:151), mit dem der Präsident des Gerichts ihren Antrag zurückgewiesen hat, die Vollziehung des Beschlusses ECB-SSM-2019-AT-8, WHD-2019-0009, der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 14. November 2019 (im Folgenden: streitiger Beschluss) auszusetzen.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. 2013, L 287, S. 63) bestimmt:
„Im Rahmen des Artikels 6 ist die EZB im Einklang mit Absatz 3 ausschließlich für die Wahrnehmung der folgenden Aufgaben zur Beaufsichtigung sämtlicher in den teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstitute zuständig:
a) Zulassung von Kreditinstituten und Entzug der Zulassung von Kreditinstituten vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 14;
…”
Rz. 3
Art. 6 Abs. 4 dieser Verordnung sieht vor:
„In Bezug auf die Aufgaben nach Artikel 4 – mit Ausnahme von Absatz 1 Buchstaben a und c – haben die EZB die Zuständigkeiten gemäß Absatz 5 dieses Artikels und die nationalen zuständigen Behörden die Zuständigkeiten gemäß Absatz 6 dieses Artikels – innerhalb des in Absatz 7 dieses Artikels festgelegten Rahmenwerks und vorbehaltlich der darin festgelegten Verfahren – für die Beaufsichtigung folgender Kreditinstitute, Finanzholdinggesellschaften oder gemischter Finanzholdinggesellschaften oder in teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Zweigstellen von in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstituten:
- auf konsolidierter Basis weniger bedeutende Institute, Gruppen oder Zweigstellen, wenn die oberste Konsolidierungsebene in den teilnehmenden Mitgliedstaaten liegt, oder einzeln im speziellen Fall von in teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Zweigstellen von in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstituten. Die Bedeutung wird anhand folgender Kriterien bestimmt:
i) Größe
ii) Relevanz für die Wirtschaft der Union oder eines teilnehmenden Mitgliedstaats
iii) Bedeutung der grenzüberschreitenden Tätigkeiten.
…”
Rz. 4
Art. 14 Abs. 5 der Verordnung lautet:
„Vorbehaltlich des Absatzes 6 kann die EZB die Zulassung von sich aus nach Konsultation der nationalen zuständigen Behörde des teilnehmenden Mitgliedstaats, in dem das Kreditinstitut niedergelassen ist, oder auf Vorschlag einer solchen nationalen zuständigen Behörde in den im Unionsrecht festgelegten Fällen entziehen. Diese Konsultation stellt insbesondere sicher, dass die EZB vor einem Beschluss über den Entzug einer Zulassung den nationalen Behörden ausreichend Zeit einräumt, um über die notwendigen Korrekturmaßnahmen, einschließlich etwaiger Abwicklungsmaßnahmen, zu entscheiden, und diesen Rechnung trägt.
Ist nach Auffassung der nationalen zuständigen Behörde, die die Zulassung gemäß Absatz 1 vorgeschlagen hat, die Zulassung nach dem einschlägigen nationalen Recht zu entziehen, so legt sie der EZB einen entsprechenden Vorschlag vor. In diesem Fall erlässt die EZB einen Beschluss über den vorgeschlagenen Entzug der Zulassung, wobei sie die von der nationalen zuständigen Behörde vorgelegte Begründung in vollem Umfang berücksichtigt.”
Vorgeschichte des Rechtsstreits, Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss
Rz...