Leitsatz
Bei Verlust des Reisegepäcks haftet das Luftfahrtunternehmen ohne eine zuschlagspflichtige Sondervereinbarung nur bis zu einem Höchstbetrag von 1134 EUR je Reiseteilnehmer.
Sachverhalt
Ein Reisender hatte sich von der Luftfahrtgesellschaft Clickair von Barcelona nach Porto (Portugal) befördern lassen. Sein Reisegepäck, das er in Barcelona ordnungsgemäß aufgegeben hatte, sah er in Porto nicht wieder. Gegenüber Clickair machte er Schadensersatz i.H.v. 2700 EUR für das verloren gegangene Gepäck sowie 500 EUR immateriellen Schaden geltend. Clickair verweigerte den Schadensersatz, sodass er im April 2008 Klage beim Handelsgerichtshof in Barcelona erhob.
Auf der Grundlage des im Jahr 1999 geschlossenen Abkommens sind Streitigkeiten über die Haftung von Flugunternehmen für Fluggäste und deren Gepäck bei Flügen zwischen den Mitgliedsstaaten zu entscheiden. Hiernach ist der Luftfrachtführer unter bestimmten Voraussetzungen zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch Tod oder Verletzung eines Fluggasts entsteht. Den Schaden für Verlust und Beschädigung von aufgegebenem Gepäck hat er immer dann zu ersetzen, wenn der Schaden an Bord des Flugzeugs oder während der Zeit entstanden ist, in dem sich das Gepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand. Der Ersatz für Gepäckschäden ist hierbei auf einen Höchstbetrag von 1000 Sondereinziehungsrechten begrenzt, was zurzeit einem Betrag von 1134 EUR entspricht.
Das Handelsgericht Barcelona legte dem EuGH die Frage zur Entscheidung vor, ob der Haftungshöchstbetrag für materielle und immaterielle Schäden jeweils gesondert gilt oder ob er beide Schadensarten einheitlich umfasst. Hierzu stellte der EuGH eindeutig klar, dass der Höchstbetrag von 1 000 Einziehungsrechten sowohl den materiellen als auch den immateriellen Schaden komplett abdeckt. Nach Auffassung des EuGH folgt dies bereits aus dem allgemein gebräuchlichen Wortsinn der in dem Abkommen als Schadensbegriff verwandten Substantive"prejudice" und "dommage".
Auch das Ziel des Abkommens, einen gerechten Interessenausgleich zwischen Luftfahrtunternehmen und Reisenden zu schaffen, erfordere eine solche Auslegung. Die Haftung der Luftfahrtunternehmen sei äußerst rigoros und streng geregelt. Dies rechtfertige auf der anderen Seite eine klare Haftungsbegrenzung der Höhe nach. Nur so könne auch die beabsichtigte unkomplizierte und schnelle Schadensregulierung erreicht werden, ohne dass den Luftfahrtunternehmen unverhältnismäßige Nachforschungspflichten aufgebürdet würden.
Hinweis
Zu beachten ist, dass das Abkommen von Montréal dem Reisenden die Möglichkeit eröffnet, bei Aufgabe seines Reisegepäcks ein höheres betragsmäßiges Interesse anzumelden. Gegen Zahlung eines von der Fluggesellschaft festzusetzenden Zuschlags kann er so den Haftungshöchstbetrag erhöhen.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 06.05.2010, C-63/09.