Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Richtlinie 84/5/EWG. Art. 1 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1. Geschädigter Dritter. Ausdrückliche oder stillschweigende Ermächtigung zum Führen eines Fahrzeugs. Richtlinie 90/232/EWG. Art. 1 Abs. 1. Richtlinie 2009/103/EG. Art. 10, Art. 12 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1. Opfer eines Verkehrsunfalls, das Insasse eines Fahrzeugs war, für das es als Fahrer versichert war. Führen eines Fahrzeugs durch eine gemäß der Versicherungspolice nicht versicherte Person. Versicherter Geschädigter, der von der Versicherungsleistung nicht ausgeschlossen ist
Beteiligte
Churchill Insurance Company und Evans |
Churchill Insurance Company Limited |
Tracy Evans |
Benjamin Wilkinson |
Equity Claims Limited |
Tenor
1. Art. 1 Abs. 1 der Dritten Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung und Art. 2 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die bewirkt, dass die Verpflichtung eines Versicherers zum Ersatz des Schadens eines bei einem Verkehrsunfall Geschädigten automatisch ausgeschlossen ist, wenn der Unfall von einem gemäß der Versicherungspolice nicht versicherten Fahrer verursacht wurde und der Geschädigte, der zum Zeitpunkt des Unfalls Insasse des Fahrzeugs war, für das Führen dieses Fahrzeugs versichert war und dem Fahrer gestattet hatte, es zu führen.
2. Die Antwort auf die erste Vorlagefrage fällt nicht anders aus, wenn der geschädigte Versicherte Kenntnis davon hatte, dass die Person, die er zum Führen des Fahrzeugs ermächtigt hatte, dafür nicht versichert war, oder glaubte, dass sie es sei, oder aber sich darüber keine Gedanken gemacht hatte.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 26. August 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 13. September 2010, in den Verfahren
Churchill Insurance Company Limited
gegen
Benjamin Wilkinson
und
Tracy Evans
gegen
Equity Claims Limited
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin A. Prechal, des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2011,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Churchill Insurance Company Limited, vertreten durch F. Randolph, Barrister, und S. Worthington, QC,
- von Herrn Wilkinson, vertreten durch C. Quigley und S. Grime, QC,
- von Frau Evans, vertreten durch G. Wood und C. Quigley, QC,
- der Equity Claims Limited, vertreten durch W. R. O. Hunter, QC, vertreten durch J. Herzog, Solicitor,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Seeboruth als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch K.-P. Wojcik und N. Yerrell als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. September 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 263, S. 11).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen zum einen der Churchill Insurance Company Limited (im Folgenden: Churchill) und Herrn Wilkinson und zum anderen Frau Evans und der Equity Claims Limited (im Folgenden: Equity), in denen es um den Ersatz von Verkehrsunfallschäden geht.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 103, S. 1, im Folgenden: Erste Richtlinie) bestimmt:
„Jeder Mitgliedstaat trifft … alle zweckdienlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Haftpflicht bei Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort im Inland durch eine Versicherung gedeckt ist. Die Schadensdeckung sowie die Modalitäten dieser Versicherung werden im Rahmen dieser Maßnahmen bestimmt.”
Rz. 4
Die Erwägungsgründe sechs bis acht der Zweiten Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. 1984, L 8, S. 17, im Folgenden: Zweite Richtlinie) lauten:
„Es ist notwendig, eine Stelle einzurichten, die dem Geschädigten auch da...
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