Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehr. Vorlage zur Vorabentscheidung. Beförderung im Straßenverkehr. Begriff ‚Güterbeförderung im Straßenverkehr‘. Begriff ,zulässige Höchstmasse‘. Fahrzeug, das als gelegentlicher privater Wohnbereich und für die Beladung mit Gütern zu nichtgewerblichen Zwecken eingerichtet ist. Fahrtenschreiber. Verpflichtung zur regelmäßigen Nachprüfung durch zugelassene Werkstätten
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 561/2006 Art. 2 Abs. 1 Buchst. a, Art. 3 Buchst. h; VO (EU) 165/2014 Art. 23 Abs. 1
Beteiligte
Tenor
Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates in der durch die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 3 Buchst. h der Verordnung Nr. 561/2006 in geänderter Fassung
ist dahin auszulegen, dass
der Begriff „Güterbeförderung im Straßenverkehr“ im Sinne der erstgenannten Bestimmung die Beförderung umfasst, die mit einem Fahrzeug erfolgt, dessen zulässige Höchstmasse im Sinne von Art. 4 Buchst. m der Verordnung Nr. 561/2006 in geänderter Fassung 7,5 t übersteigt, und zwar auch dann, wenn das Fahrzeug seiner Ausstattung nach nicht nur als gelegentlicher privater Wohnbereich, sondern auch der Beladung mit Gütern zu nichtgewerblichen Zwecken dienen soll, ohne dass es dabei auf die Frage ankommt, wie schwer das Fahrzeug beladen werden darf und unter welcher Kategorie es im nationalen Straßenverkehrsregister eingetragen ist.
Tatbestand
In der Rechtssache C-666/21
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hovrätt för Nedre Norrland (Berufungsgericht für Niedernorrland, Schweden) mit Entscheidung vom 25. Oktober 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 5. November 2021, in dem Verfahren
AI
gegen
Åklagarmyndigheten
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe sowie der Richter M. Safjan, N. Piçarra (Berichterstatter), N. Jääskinen und M. Gavalec,
Generalanwalt: N. Emiliou,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Messina, K. Simonsson und G. Tolstoy als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. November 2022
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. 2006, L 102, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 (ABl. 2014, L 60, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 561/2006).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen AI und der Åklagarmyndighet (Staatsanwaltschaft, Schweden) wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Verwendung von Fahrtenschreibern.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 561/2006
Rz. 3
Im 17. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 561/2006 heißt es:
„Mit dieser Verordnung sollen die sozialen Bedingungen für die von ihr erfassten Arbeitnehmer sowie die allgemeine Straßenverkehrssicherheit verbessert werden. Dazu dienen insbesondere die Bestimmungen über die maximale Lenkzeit pro Tag, pro Woche und pro Zeitraum von zwei aufeinander folgenden Wochen, die Bestimmung über die Verpflichtung der Fahrer, mindestens einmal in jedem Zeitraum von zwei aufeinander folgenden Wochen eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit zu nehmen, und die Bestimmungen, wonach eine tägliche Ruhezeit unter keinen Umständen einen ununterbrochenen Zeitraum von neun Stunden unterschreiten sollte. …“
Rz. 4
Gemäß Art. 1 dieser Verordnung werden durch diese „Vorschriften zu den Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten für Kraftfahrer im Straßengüter- und -personenverkehr festgelegt, um die Bedingungen für den Wettbewerb zwischen Landverkehrsträgern, insbesondere im Straßenverkehrsgewerbe, anzugleichen und die Arbeitsbedingungen sowie die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern. Ziel dieser Verordnung ist es ferner, zu einer besseren Kontrolle und Durchsetzung durch die Mitgliedstaaten sowie zu einer besseren Arbeitspraxis innerhalb des Straßenverkehrsgewerbes beizutragen.“
Rz. 5
Art. 2 Abs. 1 der Verordnung sieht vor:
„Diese Verordnung gilt für folgende Beförderungen im Straßenverkehr:
a) Güterbeförderung mit Fahrzeugen, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelan...