Entscheidungsstichwort (Thema)

Visa, Asyl, Einwanderung. Drittstaatsangehöriger, der im Besitz eines schweizerischen Aufenthaltstitels ist. Einreise in einen Mitgliedstaat und Aufenthalt in dessen Hoheitsgebiet zu anderen Zwecken als zur Durchreise. Fehlen eines Visums

 

Beteiligte

Kqiku

Rafet Kqiku

 

Tenor

Die Entscheidung Nr. 896/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 zur Einführung einer vereinfachten Regelung für die Personenkontrollen an den Außengrenzen, die darauf beruht, dass die Mitgliedstaaten bestimmte von der Schweiz und von Liechtenstein ausgestellte Aufenthaltserlaubnisse für die Zwecke der Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet einseitig anerkennen, ist dahin auszulegen, dass die im Anhang dieser Entscheidung aufgeführten Aufenthaltserlaubnisse, die visumpflichtigen Drittstaatsangehörigen von der Schweizerischen Eidgenossenschaft und vom Fürstentum Liechtenstein erteilt worden sind, lediglich einem Durchreisevisum gleichgestellt sind. Für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zum Zweck der Durchreise ist den in den Art. 1 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind, genannten Anforderungen Genüge getan, wenn die von der Entscheidung betroffene Person im Besitz einer von der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder vom Fürstentum Liechtenstein ausgestellten, im Anhang der Entscheidung aufgeführten Aufenthaltserlaubnis ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach den Art. 68 EG und 234 EG, eingereicht vom Oberlandesgericht Karlsruhe (Deutschland) mit Entscheidung vom 4. April 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 7. April 2008, in dem Strafverfahren gegen

Rafet Kqiku

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter A. Ó Caoimh, J. N. Cunha Rodrigues und U. Lõhmus sowie der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Kqiku, vertreten durch Rechtsanwalt A. Heidegger,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Wilderspin und S. Grünheid als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Entscheidung Nr. 896/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 zur Einführung einer vereinfachten Regelung für die Personenkontrollen an den Außengrenzen, die darauf beruht, dass die Mitgliedstaaten bestimmte von der Schweiz und von Liechtenstein ausgestellte Aufenthaltserlaubnisse für die Zwecke der Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet einseitig anerkennen (ABl. L 167, S. 8).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens, das in Deutschland gegen den serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigen Rafet Kqiku eingeleitet wurde. Er wird beschuldigt, am 4. August 2006 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein und sich dort bis zum 6. August 2006 aufgehalten zu haben, ohne im Besitz des erforderlichen Aufenthaltstitels in Form eines Visums gewesen zu sein.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Schengen-Besitzstand

Rz. 3

Mit den Art. 10 und 11 des am 19. Juni 1990 in Schengen (Luxemburg) unterzeichneten Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. 2000, L 239, S. 19) wurde für alle Personen außer Angehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften für kurzfristige Aufenthalte ein einheitlicher Sichtvermerk eingeführt, der für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten erteilt werden kann. Dieses Übereinkommen unterscheidet jedoch zwischen Sichtvermerken und Durchreisesichtvermerken (im Folgenden auch: Visa und Durchreisevisa). Letztere werden für die Dauer einer Durchreise ausgestellt, die fünf Tage nicht überschreiten darf.

Die Verordnung (EG) Nr. 539/2001

Rz. 4

Gemäß Art. 1 Abs. 1 und Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 81, S. 1), müssen Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien-Montenegro) beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein.

Rz. 5

Art. 2 der Verordnung Nr. 539/2001 bestimmt:

„Im Sinne dieser...

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