Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 93/38/EWG. Öffentliche Aufträge im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor. Auftrag über die Herstellung eines Systems von Transportbändern für das Wärmekraftwerk von Megalopolis. Unterbliebene Veröffentlichung einer Bekanntmachung. Technische Besonderheit. Unvorhersehbares Ereignis. Dringliche zwingende Gründe

 

Beteiligte

Kommission / Griechenland

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Hellenische Republik

 

Tenor

1. Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor in ihrer durch die Richtlinie 98/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 geänderten Fassung, insbesondere aus den Artikeln 20 Absatz 1 und 21 dieser Richtlinie, verstoßen, dass das öffentliche Elektrizitätsunternehmen Dimosia Epicheirisi Ilektrismoy den Auftrag zur Herstellung eines Systems von Transportbändern für das Wärmekraftwerk von Megalopolis im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung vergeben hat.

2. Die Hellenische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 8. November 2002,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Nolin und M. Konstantinidis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Hellenische Republik, vertreten durch P. Mylonopoulos, D. Tsagkaraki und S. Chala als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter) sowie der Richter K. Lenaerts, J. N. Cunha Rodrigues, M. Ilešic und E. Levits,

Generalanwalt: F. G. Jacobs,

Kanzler: K. Sztranc, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2004,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Februar 2005

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199, S. 84) in ihrer durch die Richtlinie 98/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 (ABl. L 101, S. 1, im Folgenden: Richtlinie 93/38) geänderten Fassung, insbesondere aus den Artikeln 20 ff. dieser Richtlinie, verstoßen hat, dass das öffentliche Elektrizitätsunternehmen Dimosia Epicheirisi Ilektrismoy (im Folgenden: DEI) den Auftrag zur Herstellung eines Systems von Transportbändern für das Wärmekraftwerk von Megalopolis im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung vergeben hat.

Rechtlicher Rahmen

2 Artikel 15 der Richtlinie 93/38 bestimmt, dass „Aufträge, deren Gegenstand … Bauarbeiten sind, … nach den Vorschriften der Abschnitte III, IV und V vergeben [werden]”.

3 Nach Artikel 20 Absatz 1 der Richtlinie 93/38 „[können d]ie Auftraggeber … jedes der in Artikel 1 Nummer 7 bezeichneten Verfahren [d. h. ein offenes, ein nicht offenes oder ein Verhandlungsverfahren] wählen, vorausgesetzt, dass vorbehaltlich des Absatzes 2 ein Aufruf zum Wettbewerb gemäß Artikel 21 durchgeführt wird”.

4 Artikel 20 Absatz 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„Die Auftraggeber können in den folgenden Fällen auf ein Verfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb zurückgreifen,

c) wenn der Auftrag wegen seiner technischen … Besonderheiten … nur von bestimmten … Unternehmen … durchgeführt werden kann;

d) sofern dies unbedingt erforderlich ist, wenn dringliche zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der Auftraggeber nicht vorhersehen konnte, es nicht zulassen, die in den offenen oder nicht offenen Verfahren vorgesehenen Fristen einzuhalten;

…”

5 Nach Artikel 21 Absatz 1 der Richtlinie 93/38 erfolgt ein Aufruf zum Wettbewerb im Wesentlichen durch Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften nach den in den Anhängen dieser Richtlinie enthaltenen Mustern.

Sachverhalt und Vorverfahren

6 Im Oktober 1997 legte DEI der zuständigen Behörde, dem Ministerium für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Arbeiten, ein Projekt betreffend den Einbau eines Systems zur Entschwefelung, zur Stabilisierung, zum Transport und zur Ablagerung fester Nebenprodukte des Wärmekraftwerks von Megalopolis zur Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175, S. 40)...

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