Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Geistiges Eigentum. Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Klage vor den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem die Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht. Folgeanträge zu einer Verletzungsklage. Anwendbares Recht. Auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht ((‚Rom II’). Staat, in dem die Verletzung des Rechts am geistigen Eigentum begangen wurde

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 6/2002 Art. 82 Abs. 5, Art. 88 Abs. 2, Art. 89 Abs. 1 Buchst. d

 

Beteiligte

Acacia

Acacia Srl

Bayerische Motoren Werke AG

 

Tenor

Art. 88 Abs. 2 und Art. 89 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster sowie Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht „Rom II”) sind dahin auszulegen, dass die Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte, die mit einer Verletzungsklage nach Art. 82 Abs. 5 der Verordnung Nr. 6/2002 wegen im Hoheitsgebiet eines einzigen Mitgliedstaats begangener oder drohender Verletzungshandlungen befasst sind, die mit dieser Klage verbundenen Folgeanträge auf Schadenersatz, Auskunftserteilung, Belegherausgabe, Rechnungslegung und Herausgabe der nachgeahmten Erzeugnisse zum Zweck ihrer Vernichtung auf der Grundlage des Rechts desjenigen Mitgliedstaats prüfen müssen, in dessen Hoheitsgebiet die Handlungen begangen worden sind oder drohen, von denen behauptet wird, dass sie das Gemeinschaftsgeschmacksmuster verletzen; dies ist bei einer nach Art. 82 Abs. 5 erhobenen Klage das Recht des Mitgliedstaats, in dem diese Gerichte ihren Sitz haben.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 31. August 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 8. September 2020, in dem Verfahren

Acacia Srl

gegen

Bayerische Motoren Werke AG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Fünften Kammer, des Präsidenten der Vierten Kammer C. Lycourgos (Berichterstatter) sowie der Richter I. Jarukaitis und M. Ilešič,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2021,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Bayerische Motoren Werke AG, vertreten durch die Rechtsanwälte R. Hackbarth und F. Schmidt-Sauerhöfer,
  • der Europäischen Kommission, zunächst vertreten durch T. Scharf, É. Gippini Fournier und M. Wilderspin, dann durch T. Scharf, É. Gippini Fournier und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Oktober 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) sowie von Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II”) (ABl. 2007, L 199, S. 40).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Acacia Srl und der Bayerische Motoren Werke AG (im Folgenden: BMW) wegen des Vorwurfs der Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters, dessen Inhaberin BMW ist.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung Nr. 6/2002

Rz. 3

Art. 19 („Rechte aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster”) Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 lautet:

„Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gewährt seinem Inhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen. Die erwähnte Benutzung schließt insbesondere die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, die Ausfuhr oder die Benutzung eines Erzeugnisses, in das das Muster aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, oder den Besitz des Erzeugnisses zu den genannten Zwecken ein.”

Rz. 4

Art. 80 („Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte”) der Verordnung Nr. 6/2002 bestimmt in Abs. 1:

„Die Mitgliedstaaten benennen für ihr Gebiet eine möglichst geringe Anzahl nationaler Gerichte erster und zweiter Instanz (Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte), die die ihnen durch diese Verordnung zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen.”

Rz. 5

Art. 81 („Zuständigkeit für Verletzung und Rechtsgültigkeit”) der Verordnung Nr. 6/2002 sieht vor:

„Die Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte sind ausschließlich zuständig:

  1. für Klagen wegen Verletzung und – falls das nationale Recht dies zulässt – wegen drohender Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters;
  2. für Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung von Gemeinschaftsgeschmacksmustern, falls das nationale Recht diese zulässt;
  3. für Klagen auf Erklärung der Nichtigkeit eines n...

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