Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Öffentliche Dienstleistungsaufträge. Externe Bereitstellung von Dienstleistungen für das Programm- und Projektmanagement sowie technische Beratung im Bereich Informationstechnologien. Kaskadenverfahren. Verbot, ultra petita zu entscheiden. Gewichtung der Unterkriterien innerhalb der Zuschlagskriterien. Offensichtliche Beurteilungsfehler. Das Angebot ablehnende Entscheidung. Begründungsmangel. Verlust einer Chance. Außervertragliche Haftung der Europäischen Union. Antrag auf Schadensersatz

 

Normenkette

Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union Art. 21; Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 Art. 100 Abs. 2; Verfahrensordnung des Gerichts Art. 76, 84 Abs. 1

 

Beteiligte

EUIPO/ European Dynamics Luxembourg u.a

Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO)

European Dynamics Luxembourg SA

European Dynamics Belgium SA

 

Tenor

1. Die Nrn. 2 bis 5 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 27. April 2016, European Dynamics Luxembourg u. a./EUIPO (T-556/11, EU:T:2016:248), werden aufgehoben.

2. Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

3. Der von der European Dynamics Luxembourg SA, der European Dynamics Belgium SA und der Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE in der Rechtssache T-556/11 gestellte Schadensersatzantrag wird zurückgewiesen.

4. Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) sowie die European Dynamics Luxembourg SA, die European Dynamics Belgium SA und die Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE tragen im Rechtsmittelverfahren und im Verfahren im ersten Rechtszug jeweils ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 7. Juli 2016,

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch N. Bambara als Bevollmächtigten im Beistand von P. Wytinck und B. Hoorelbeke, avocats,

Rechtsmittelführer,

andere Parteien des Verfahrens:

European Dynamics Luxembourg SA mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg),

European Dynamics Belgium SA mit Sitz in Brüssel (Belgien),

Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE mit Sitz in Athen (Griechenland),

Prozessbevollmächtigte: M. Sfyri, C.-N. Dede und V. Alevizopoulou, dikigoroi,

Klägerinnen im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter C. Vajda und E. Juhász (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. September 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit seinem Rechtsmittel begehrt das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 27. April 2016, European Dynamics Luxembourg u. a./EUIPO (T-556/11, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2016:248), mit dem das Gericht

  • die mit Schreiben vom 11. August 2011 übermittelte, im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens AO/029/10 „Softwareentwicklung und -pflege”) (im Folgenden: in Rede stehender Auftrag) ergangene Entscheidung des EUIPO, das von der European Dynamics Luxembourg SA unterbreitete Angebot abzulehnen (im Folgenden: das Angebot ablehnende Entscheidung), und die im Rahmen desselben Verfahrens vom EUIPO erlassenen damit einhergehenden anderen Entscheidungen, zu denen jene gehören, mit denen drei anderen Bietern als erst- bis drittgereihten Zuschlagsempfängern nach dem Kaskadenverfahren der Zuschlag erteilt wurde (im Folgenden zusammen: streitige Entscheidungen), für nichtig erklärt hat, und
  • das EUIPO verurteilt hat, den Schaden zu ersetzen, den European Dynamics Luxembourg durch den Verlust einer Chance, zumindest als dritter Vertragspartner nach dem Kaskadenverfahren einen Rahmenvertrag zu erhalten, erlitten hat.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 248, S. 1) in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1995/2006 des Rates vom 13. Dezember 2006 (ABl. 2006, L 390, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Haushaltsordnung) führt die Grundregeln auf, die für den gesamten Haushaltsbereich auf Gebieten wie dem der Vergabe öffentlicher Aufträge gelten.

Rz. 3

Gemäß Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung unterrichtet der öffentliche Auftraggeber alle Bewerber oder Bieter, deren Bewerbung oder Angebot abgelehnt wurde, über die Gründe für die Ablehnung; er teilt die Merkmale und Vorteile seines Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers allen Bietern mit, die ein anforderungsgemäßes A...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?