Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freier Dienstleistungsverkehr. Nationale Regelung, wonach die Person, bei der durch entsandte Arbeitnehmer oder Praktikanten Arbeiten durchgeführt werden, diejenigen Arbeitnehmer melden muss, die nicht die Empfangsbestätigung für die Meldung vorlegen können, die ihr in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger Arbeitgeber beim Aufnahmemitgliedstaat hätte abgeben müssen. Strafrechtliche Sanktion

 

Normenkette

AEUV Art. 56; Richtlinie 2006/123/EG Art. 19; Richtlinie 96/71/EG Art. 3 Abs. 10, 1; AEUV Art. 57

 

Beteiligte

De Clercq u.a

Edgard Jan De Clercq

Emiel Amede Rosa De Clercq

Nancy Genevieve Wilhelmina Rottiers

Ermelinda Jozef Martha Tampère

Thermotec NV

 

Tenor

Die Art. 56 AEUV und 57 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, wonach der Empfänger von Dienstleistungen, die von entsandten Arbeitnehmern eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleisters erbracht werden, verpflichtet ist, den zuständigen Behörden vor dem Beginn der Beschäftigung dieser Arbeitnehmer deren Identifizierungsdaten zu übermitteln, wenn sie nicht den Nachweis für die Meldung vorlegen können, die ihr Arbeitgeber bei den zuständigen Behörden dieses Aufnahmemitgliedstaats vor dem Beginn der betreffenden Dienstleistung hätte vornehmen müssen, nicht entgegenstehen, sofern eine solche Regelung wegen des Schutzes eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Arbeitnehmer oder der Bekämpfung von Sozialbetrug gerechtfertigt sein kann, vorausgesetzt, dass sie nachweislich geeignet ist, das oder die angestrebten rechtmäßigen Ziele zu erreichen, und nicht über das dafür Erforderliche hinausgeht, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank van eerste aanleg te Mechelen (Belgien) mit Entscheidung vom 28. November 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juni 2013, in dem Strafverfahren gegen

Edgard Jan De Clercq,

Emiel Amede Rosa De Clercq,

Nancy Genevieve Wilhelmina Rottiers,

Ermelinda Jozef Martha Tampère,

Thermotec NV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas (Berichterstatter) und C. G. Fernlund,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Edgard De Clercq, Emiel De Clercq und N. Rottiers, vertreten durch S. Bouzoumita, advocaat,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck und M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von S. Rodrigues und I. Majumdar, avocats,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch C. Thorning und M. Wolff als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch R. Coesme und D. Colas als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Wilman, J. Enegren und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 56 AEUV und 57 AEUV, von Art. 3 Abs. 1 und 10 der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. 1997, L 18, S. 1) und von Art. 19 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376, S. 36).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Edgard De Clercq, Emiel De Clercq, N. Rottiers und E. Tampère, die alle die belgische Staatsangehörigkeit besitzen, und gegen die Thermotec NV, eine Gesellschaft belgischen Rechts (alle im Folgenden zusammen: Angeklagte), in dem ihnen insbesondere vorgeworfen wird, in der Zeit vom 1. April 2007 bis 18. November 2008 wiederholt gegen eine nach dem nationalen Recht vorgesehene Meldepflicht in Bezug auf entsandte Arbeitnehmer verstoßen zu haben.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Die Richtlinie 96/71

Rz. 3

Art. 1 („Anwendungsbereich”) der Richtlinie 96/71 bestimmt:

„(1) Diese Richtlinie gilt für Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen Arbeitnehmer gemäß Absatz 3 in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden.

(3) Diese Richtlinie findet Anwendung, soweit die in Absatz 1 genannten Unternehmen eine der folgenden länderübergreifenden Maßnahmen treffen:

a) einen Arbeitnehmer in ihrem Namen und unter ihrer Leitung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Rahmen eines Vertrags entsenden, der zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem in diesem Mitgliedstaat ...

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