Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Verfahren zur Zwangsvollstreckung aus einem Darlehensvertrag, der ein vollstreckbarer Titel ist. Vollstreckungsbeschwerde. Kontrolle missbräuchlicher Klauseln. Effektivitätsgrundsatz. Nationale Regelung, die es dem Vollstreckungsgericht nicht erlaubt, die etwaige Missbräuchlichkeit einer Klausel nach Ablauf der dem Verbraucher für die Beschwerde eingeräumten Frist zu überprüfen. Bestehen eines nicht der Verjährung unterliegenden ordentlichen Rechtsbehelfs, der es dem Gericht des Erkenntnisverfahrens ermöglicht, eine solche Überprüfung vorzunehmen und die Aussetzung der Zwangsvollstreckung anzuordnen. Voraussetzungen, die die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Erfordernis einer vom Verbraucher zu leistenden Sicherheit für die Aussetzung des Vollstreckungsverfahrens

 

Normenkette

Richtlinie 93/13/EWG

 

Beteiligte

BRD Groupe Societé Générale und Next Capital Solutions

TU

SU

BRD Groupe Société Générale SA

Next Capital Solutions Ltd

 

Tenor

Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen

ist dahin auszulegen, dass

sie einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegensteht, die es dem Vollstreckungsgericht, das nach Ablauf der in dieser Bestimmung gesetzten Frist von 15 Tagen mit einer Beschwerde gegen die Zwangsvollstreckung eines zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden geschlossenen Vertrags, der einen Vollstreckungstitel darstellt, befasst ist, nicht gestattet, die Missbräuchlichkeit der Klauseln dieses Vertrags von Amts wegen oder auf Antrag des Verbrauchers zu prüfen, auch wenn diesem Verbraucher zudem ein Rechtsbehelf im Erkenntnisverfahren zur Verfügung steht, der es ihm ermöglicht, bei dem damit befassten Gericht gemäß einer anderen Bestimmung des nationalen Rechts eine solche Prüfung und die Anordnung der Aussetzung der Zwangsvollstreckung bis zur Entscheidung über diesen Rechtsbehelf zu beantragen, sofern diese Aussetzung nur gegen Leistung einer Sicherheit möglich ist, deren Höhe geeignet ist, den Verbraucher davon abzuhalten, einen solchen Rechtsbehelf zu erheben und aufrechtzuerhalten, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. Wenn das nationale Gericht, das mit einer Beschwerde gegen die Zwangsvollstreckung eines solches Vertrags befasst ist, die nationale Regelung nicht in einer mit den Anforderungen dieser Richtlinie zu vereinbarenden Weise auslegen und anwenden kann, ist es dazu verpflichtet, von Amts wegen zu prüfen, ob die Klauseln dieses Vertrags missbräuchlich sind, und erforderlichenfalls jede nationale Bestimmung, die einer solchen Prüfung entgegenstünde, unangewendet zu lassen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-200/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunalul Bucureşti (Regionalgericht Bukarest, Rumänien) mit Entscheidung vom 25. Februar 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 31. März 2021, in dem Verfahren

TU,

SU

gegen

BRD Groupe Société Générale SA,

Next Capital Solutions Ltd

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin L. S. Rossi, des Richters S. Rodin (Berichterstatter) und der Richterin O. Spineanu-Matei,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • –        der BRD Groupe Société Générale SA, vertreten durch M. Avram, Avocată,
  • –        der spanischen Regierung, vertreten durch M. J. Ruiz Sánchez als Bevollmächtigte,
  • –        der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Greco, Avvocato dello Stato,
  • –        der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Carpus Carcea und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen TU und SU auf der einen und der BRD Groupe Société Générale SA (im Folgenden: BRD) und der Next Capital Solutions Ltd (im Folgenden: NCS) auf der anderen Seite wegen einer Beschwerde gegen die Zwangsvollstreckung der Rückzahlungspflicht aus einem zwischen TU und SU einerseits und BRD andererseits geschlossenen Darlehensvertrag, wobei die Forderung von BRD später an NCS abgetreten wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 heißt es, dass „[d]ie Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten … über angemessene und wirksame Mittel verfügen [müssen], damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird“.

Rz. 4

Art. 6 Abs. 1 diese...

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