Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Selbständige Handelsvertreter. Begriff ‚Handelsvertreter’. Vermittlung des Verkaufs oder Ankaufs von Waren für den Unternehmer. Gewerbetreibender, der nicht über die Möglichkeit verfügt, die Verkaufsbedingungen und die Preise der Waren, für deren Verkauf er sorgt, zu ändern

 

Normenkette

Richtlinie 86/653/EWG Art. 1 Abs. 2

 

Beteiligte

Trendsetteuse

Trendsetteuse SARL

DCA SARL

 

Tenor

Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter ist dahin auszulegen, dass eine Person nicht notwendigerweise über die Möglichkeit verfügen muss, die Preise der Waren, deren Verkauf sie für Rechnung des Unternehmers besorgt, zu ändern, um als Handelsvertreter im Sinne dieser Bestimmung eingestuft zu werden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal de commerce de Paris (Handelsgericht Paris, Frankreich) mit Entscheidung vom 19. Dezember 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Dezember 2018, in dem Verfahren

Trendsetteuse SARL

gegen

DCA SARL

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. Rodin, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters N. Piçarra,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Trendsetteuse SARL, vertreten durch G. Grignon Dumoulin, avocat,
  • der französischen Regierung, vertreten durch A.-L. Desjonquères und R. Coesme als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller, M. Hellmann und U. Bartl als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll und G. Hesse als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Hottiaux und L. Armati als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (ABl. 1986, L 382, S. 17).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Trendsetteuse SARL und der DCA SARL wegen eines Begehrens auf Ausgleich infolge des Bruchs der Vereinbarung, aufgrund deren diese beiden Gesellschaften miteinander verbunden waren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 2 und 3 der Richtlinie 86/653 lauten:

„Die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Handelsvertretungen beeinflussen die Wettbewerbsbedingungen und die Berufsausübung innerhalb der [Europäischen Union] spürbar und beeinträchtigen den Umfang des Schutzes der Handelsvertreter in ihren Beziehungen zu ihren Unternehmen sowie die Sicherheit im Handelsverkehr. Diese Unterschiede erschweren im Übrigen auch erheblich den Abschluss und die Durchführung von Handelsvertreterverträgen zwischen einem Unternehmer und einem Handelsvertreter, die in verschiedenen Mitgliedstaaten niedergelassen sind.

Der Warenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten muss unter Bedingungen erfolgen, die denen eines Binnenmarktes entsprechen, weswegen die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten in dem zum guten Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlichen Umfang angeglichen werden müssen. Selbst vereinheitlichte Kollisionsnormen auf dem Gebiet der Handelsvertretung können die erwähnten Nachteile nicht beseitigen und lassen daher einen Verzicht auf die vorgeschlagene Harmonisierung nicht zu.”

Rz. 4

Art. 1 der Richtlinie 86/653 sieht vor:

„(1) Die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Harmonisierungsmaßnahmen gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die die Rechtsbeziehungen zwischen Handelsvertretern und ihren Unternehmern regeln.

(2) Handelsvertreter im Sinne dieser Richtlinie ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für eine andere Person (im folgenden Unternehmer genannt) den Verkauf oder den Ankauf von Waren zu vermitteln oder diese Geschäfte im Namen und für Rechnung des Unternehmers abzuschließen.

(3) Handelsvertreter im Sinne dieser Richtlinie ist insbesondere nicht

  • eine Person, die als Organ befugt ist, für eine Gesellschaft oder Vereinigung verbindlich zu handeln;
  • ein Gesellschafter, der rechtlich befugt ist, für die anderen Gesellschafter verbindlich zu handeln;
  • ein Zwangsverwalter (receiver), ein gerichtlich bestellter Vermögensverwalter (receiver and manager), ein Liquidator (liquidator) oder ein Konkursverwalter (trustee in bankruptcy).”

Rz. 5

Art. 3 der Richtlinie 86/653 lautet:

„(1) Bei der Ausübung seiner Tätigkeit hat der Handelsvertreter die Interessen des Unternehmers wahrzunehmen und sich nach den Geboten von Treu und Glauben ...

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