Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Pflicht zum Abschluss eines Versicherungsvertrags. Auf einem Privatgrundstück abgestelltes Fahrzeug. Rückgriffsrecht der Entschädigungsstelle gegen den Eigentümer des nicht versicherten Fahrzeugs

 

Normenkette

Richtlinie 72/166/EWG Art. 3 Abs. 1; Zweite Richtlinie 84/5/EWG Art. 1 Abs. 4

 

Beteiligte

Juliana

Fundo de Garantia Automóvel

Alina Antónia Destapado Pão Mole Juliana

Cristiana Micaela Caetano Juliana

 

Tenor

1. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht in der durch die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Abschluss einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung verpflichtend ist, wenn das betreffende Fahrzeug weiterhin in einem Mitgliedstaat zugelassen und fahrbereit ist und wenn es nur deshalb auf einem Privatgrundstück abgestellt wurde, weil sein Eigentümer es nicht mehr nutzen will.

2. Art. 1 Abs. 4 der Zweiten Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung in der durch die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die vorsehen, dass die in dieser Vorschrift genannte Stelle ein Rückgriffsrecht nicht nur gegen den oder die für den Unfall Verantwortlichen hat, sondern auch gegen die Person, die eine Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug, das die von dieser Stelle übernommenen Schäden verursacht hat, hätte abschließen müssen, dies aber unterlassen hat; dies gilt auch dann, wenn sie zivilrechtlich nicht für den Unfall verantwortlich ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supremo Tribunal de Justiça (Oberster Gerichtshof, Portugal) mit Entscheidung vom 7. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Februar 2017, in dem Verfahren

Fundo de Garantia Automóvel

gegen

Alina Antónia Destapado Pão Mole Juliana,

Cristiana Micaela Caetano Juliana

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten M. Ilešič, L. Bay Larsen, T. von Danwitz und J. Malenovský, der Richter E. Juhász, A. Borg Barthet, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter), der Richterin M. Berger, des Richters F. Biltgen, der Richterin K. Jürimäe sowie der Richter C. Lycourgos, M. Vilaras und E. Regan,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo und T. Larsen als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und M. Hellmann als Bevollmächtigte,
  • Irlands, vertreten durch M. Browne, G. Hodge, E. Creedon und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von G. Gilmore, BL,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch V. Ester Casas als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Garofoli, avvocato dello Stato,
  • der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kucina und G. Bambāne als Bevollmächtigte,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brandon, C. Brodie, R. Fadoju und G. Brown als Bevollmächtigte im Beistand von A. Bates, Barrister,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch K.-P. Wojcik und B. Rechena als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. April 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. 1972, L 103, S. 1) in der durch die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 (ABl. 2005, L 149, S. 14) geänderten Fassung (im Folgenden: Erste Richtlinie) und von Art. 1 Abs. 4 der Zweiten Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. 1984, L 8, S. 17) in der durch die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 (ABl. 2005, L 149, S. 14) geänderten Fassung (im Folgenden: Zweite Richtlinie).

Rz. 2

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