Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Gemeinsame Agrarpolitik. Anbau von Hanf (Cannabis sativa). Versagung der Genehmigung für den Anbau von Hanf in hydroponischen Systemen in geschlossenen Räumen
Normenkette
Verordnung (EU) Nr. 1305/2013, Nr. 1307/2013, Nr. 1308/2013
Beteiligte
Direcţia pentru Agricultură Judeţeană Alba |
Tenor
Das die Gemeinsame Agrarpolitik betreffende Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es einem in einem Mitgliedstaat bestehenden Verbot, Hanf (Cannabis sativa) in hydroponischen Systemen in geschlossenen Räumen anzubauen, nicht entgegensteht, sofern dieses Verbot geeignet ist, das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten, und unter Berücksichtigung der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik und des guten Funktionierens der gemeinsamen Marktorganisation nicht über das hinausgeht, was erforderlich ist, um das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit zu erreichen.
Tatbestand
In der Rechtssache C-793/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curtea de Apel Alba Iulia (Berufungsgericht Alba Iulia, Rumänien) mit Entscheidung vom 23. November 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Dezember 2022, in dem Verfahren
Biohemp Concept SRL
gegen
Direcţia pentru Agricultură Judeţeană Alba
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Vierten Kammer, der Richterin O. Spineanu-Matei sowie der Richter J.-C. Bonichot und S. Rodin (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2024,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Biohemp Concept SRL, vertreten durch M.-E. Coman, Avocată,
- – der rumänischen Regierung, vertreten durch R. Antonie, E. Gane und L. Ghiţă als Bevollmächtigte,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Konstantinidis, L. Radu Bouyon und M. ter Haar als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. März 2024
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 608), der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 671) sowie der Art. 35, 36 und 38 AEUV.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Biohemp Concept SRL und der Direcţia pentru Agricultură Judeţeană Alba (Landwirtschaftsdirektion für den Kreis Alba, Rumänien) (im Folgenden: Landwirtschaftsdirektion) über deren Entscheidung, einen Antrag von Biohemp Concept auf Anbau von Hanf teilweise abzulehnen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung (EU) Nr. 1305/2013
Rz. 3
Art. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (ABl. 2013, L 347, S. 487, berichtigt in ABl. 2016, L 130, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) 2017/2393 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2017 (ABl. 2017, L 350, S. 15) geänderten Fassung bestimmt:
„Der ELER trägt zur Strategie Europa 2020 bei, indem er die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums in der gesamten [Europäischen] Union in Ergänzung zu den anderen Instrumenten der [Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)], der Kohäsionspolitik und der gemeinsamen Fischereipolitik fördert. Er trägt zur Entwicklung eines Agrarsektors der Union bei, der räumlich und ökologisch ausgewogener, klimafreundlicher und -resilienter, wettbewerbsfähiger sowie innovativer ist. Er trägt auch zur Entwicklung ländlicher Gebiete bei.“
Rz. 4
In Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1305/2013 heißt es:
„Die Förderung im Rahmen dieser Maßnahme betrifft materielle und/oder immaterielle Investitionen, die
a) die Gesamtleistung und Nachhaltigkeit des landwirtschaftlichen Betriebs verbessern;
b) die Verarbeitung, Vermarktung und/oder Entwicklung von unter Anhang I des AEUV fallenden landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder von Baumwolle betreffen, Fischereierzeugnisse sind hiervon ausgenommen; bei dem Ergebnis des Produktionsprozesses kann es sich um ...