Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif, Tarifierung Camcorder, Unterposition 8525 40 99
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Camcorder ist nur dann in die Unterposition 8525 40 99 der Kombinierten Nomenklatur im Sinne von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnungen (EG) Nr. 2261/98 der Kommission vom 26. Oktober 1998, Nr. 2204/1999 der Kommission vom 12. Oktober 1999, Nr. 2263/2000 der Kommission vom 13. Oktober 2000 und Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 geänderten Fassung einzureihen, wenn zum Zeitpunkt der Zollabfertigung die Funktion zur Aufzeichnung von Bild- und Tonaufnahmen aus anderen Quellen als mittels der eingebauten Kamera oder des eingebauten Mikrofons freigeschaltet ist oder wenn diese Funktion, selbst wenn der Hersteller nicht auf dieses Merkmal hinweisen wollte, nachträglich von einem Benutzer ohne besondere Kenntnisse leicht freigeschaltet werden kann, ohne dass der Camcorder materiell verändert wird. Im Fall einer nachträglichen Freischaltung ist außerdem erforderlich, dass der Camcorder zum einen nach der Freischaltung in der gleichen Weise funktioniert wie ein Camcorder, bei dem die Funktion zur Aufzeichnung von Bild- und Tonaufnahmen aus anderen Quellen als mittels der eingebauten Kamera oder des eingebauten Mikrofons zum Zeitpunkt der Zollabfertigung aktiv ist, und dass er zum anderen autonom funktioniert. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss zum Zeitpunkt der Zollabfertigung geprüft werden können. Es ist Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Sind sie nicht erfüllt, ist dieser Camcorder in die Unterposition 8525 40 91 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen.
2. Die am 6. Juli 2001 und am 23. Oktober 2002 veröffentlichten Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur in Bezug auf die Unterposition 8525 40 99 haben Auslegungscharakter und sind nicht zwingendes Recht. Sie stehen im Einklang mit dem Wortlaut der Kombinierten Nomenklatur und ändern deren Bedeutung nicht. Der Erlass einer neuen Einreihungsverordnung war daher nicht notwendig.
Normenkette
EWGV 2658/87 Anhang I
Beteiligte
Administration des douanes (Direction nationale du renseignement et des enquêtes douanières) |
Verfahrensgang
Tribunal d' instance Paris (Frankreich) (Urteil vom 23.01.2007; Abl.EU 2007, Nr. C 211/25) |
Tatbestand
„Gemeinsamer Zolltarif ‐ Tarifierung ‐ Kombinierte Nomenklatur ‐ Camcorder ‐ Erläuterungen ‐ Rechtsnatur“
In der Rechtssache C-312/07
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht mit Entscheidung des Tribunal d’instance du XIe arrondissement de Paris (Frankreich) vom 23. Januar 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Juli 2007, in dem Verfahren
JVC France SAS
gegen
Administration des douanes (Direction nationale du renseignement et des enquêtes douanières)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten U. Lõhmus sowie des Richters J. Klŭcka und der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin),
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der JVC France SAS, vertreten durch F. Goguel und F. Foucault, avocats,
‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und A.-L. During als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J.-P. Keppenne und S. Schønberg als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Unterpositionen 8525 40 91 und 8525 40 99 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnungen (EG) Nr. 2261/98 der Kommission vom 26. Oktober 1998 (ABl. L 292, S. 1), Nr. 2204/1999 der Kommission vom 12. Oktober 1999 (ABl. L 278, S. 1), Nr. 2388/2000 der Kommission vom 13. Oktober 2000 (ABl. L 264, S. 1) und Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 (ABl. L 279, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: KN) sowie die Rechtsnatur der Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Erläuterungen), veröffentlicht gemäß Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87.
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der JVC France SAS (im Folgenden: JVC) gegen die französische Zollverwaltung wegen Zöllen, die die Letztgenannte von JVC fordert und die die Einfuhr von digitalen Camcordern aus Japan und Singapur betreffen.
Rechtlicher Rahmen
Der Zollkodex
3
Art. 220 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der...