Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Besondere Zuständigkeiten. Unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist. Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs und Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens. Klage auf Ersatz des angeblich durch in verschiedenen Mitgliedstaaten begangene wettbewerbswidrige Verhaltensweisen verursachten Schadens. Betrieb einer Zweigniederlassung. Begriff

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Art. 5 Nrn. 3, 5

 

Beteiligte

flyLAL-Lithuanian Airlines

AB „flyLAL-Lithuanian Airlines”

„Starptautiskā lidosta ‚Rīga’” VAS

„Air Baltic Corporation” AS

 

Tenor

1. Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass im Rahmen einer Klage auf Ersatz eines durch wettbewerbswidrige Verhaltensweisen verursachten Schadens der „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist”, in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden insbesondere der Ort der Verwirklichung von entgangenen Einnahmen aus Absatzverlusten ist, d. h. der Ort des durch diese Verhaltensweisen beeinträchtigten Marktes, auf dem der Geschädigte diese Verluste erlitten zu haben behauptet.

2. Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass im Rahmen einer Klage auf Ersatz eines durch wettbewerbswidrige Verhaltensweisen verursachten Schadens die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist” so verstanden werden kann, dass damit entweder der Ort des Abschlusses einer gegen Art. 101 AEUV verstoßenden wettbewerbswidrigen Vereinbarung gemeint ist oder der Ort, an dem die Kampfpreise angeboten und angewendet wurden, wenn diese Praxis einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV darstellte.

3. Art. 5 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass die Wendung „Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung” eine Klage umfasst, die auf den Ersatz eines angeblich durch den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung in Form der Anwendung von Kampfpreisen verursachten Schadens abzielt, wenn eine Zweigniederlassung des Unternehmens, das die marktbeherrschende Stellung innehat, sich tatsächlich und in bedeutsamer Weise an dieser missbräuchlichen Praxis beteiligt hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos apeliacinis teismas (Berufungsgericht Litauen) mit Entscheidung vom 12. Januar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Januar 2017, in dem Verfahren

AB „flyLAL-Lithuanian Airlines” in Liquidation,

gegen

„Starptautiskā lidosta ‚Rīga’” VAS,

„Air Baltic Corporation” AS,

Beteiligte:

„ŽIA Valda” AB,

„VA Reals” AB,

Lietuvos Respublikos konkurencijos taryba,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader (Berichterstatterin) und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der AB „flyLAL-Lithuanian Airlines”, vertreten durch R. Audzevičius, advokatas,
  • der „Starptautiskā lidosta ‚Rīga’” VAS, vertreten durch R. Simaitis und M. Inta, advokatai, sowie S. Novicka, advokatė,
  • der „Air Baltic Corporation” AS, vertreten durch R. Zaščiurinskaitė, D. Pāvila und D. Bublienė, advokatės, sowie I. Norkus und G. Kaminskas, advokatai,
  • der „ŽIA Valda” AB und der „VA Reals” AB, vertreten durch P. Docka, advokatas,
  • der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas und R. Dzikovič als Bevollmächtigte,
  • der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kucina und J. Davidoviča als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin, G. Meessen und A. Steiblytė als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Februar 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Nrn. 3 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der AB „flyLAL-Lithuanian Airlines” (im Folgenden: flyLAL), einer Gesellschaft litauischen Rechts in Liquidation, sowie den Streithelferinnen „ŽIA Valda” AB und „VA Reals” AB auf der einen, und zwei Gesellschaften lettischen Rechts, nämlich der „Starptautiskā lidosta ‚Rīga’” VAS (im Folgenden: Flughafen Riga) und der „Air Baltic Corporation” AS (im Folgenden: Air Baltic) auf der anderen Seite, der darauf abzielt, angeblich wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Flughafen R...

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