Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung, mit der einstweilige und sichernde Maßnahmen angeordnet werden. Anwendungsbereich. Zivil- und Handelssachen. Begriff. Klage auf Ersatz des durch angebliche Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union entstandenen Schadens. Ermäßigung auf Flughafenentgelte. Ausschließliche Zuständigkeiten. Gesellschaften und juristische Personen betreffender Rechtsstreit. Entscheidung über die Gewährung von Ermäßigungen. Gründe für die Versagung der Anerkennung. Ordre public des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Art. 31, 22 Nr. 2; Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Art. 1 Abs. 1

 

Beteiligte

flyLAL-Lithuanian Airlines

flyLAL-Lithuanian Airlines AS

Air Baltic Corporation AS

Starptautiskā lidosta Rīga VAS

 

Tenor

1. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine Klage wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende auf Ersatz des durch angebliche Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht der Union entstandenen Schadens unter den Begriff „Zivil- und Handelssachen” im Sinne dieser Bestimmung und demzufolge in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt.

2. Art. 22 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass eine Klage wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende auf Ersatz des durch angebliche Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht der Union entstandenen Schadens nicht als ein Verfahren über die Gültigkeit von Beschlüssen von Gesellschaftsorganen im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist.

3. Art. 34 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass weder die Modalitäten der Berechnung der Höhe der Beträge, auf die sich die einstweiligen und sichernden Maßnahmen beziehen, die mit einer Entscheidung angeordnet werden, deren Anerkennung und Vollstreckung beantragt werden – wenn es möglich ist, den Gedankengang nachzuvollziehen, der zur Bestimmung der Höhe dieser Beträge geführt hat, und Rechtbehelfe offenstanden und eingelegt wurden, um diese Berechnungsmodalitäten zu rügen –, noch die bloße Berufung auf schwerwiegende wirtschaftliche Folgen Gründe darstellen, die einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) des Mitgliedstaats, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, begründen, der es erlaubt, die Anerkennung und Vollstreckung einer solchen in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung in diesem Mitgliedstaat zu versagen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Augstākās Tiesas Senāts (Lettland) mit Entscheidung vom 15. Mai 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Juni 2013, in dem Verfahren

flyLAL-Lithuanian Airlines AS, in Insolvenz,

gegen

Starptautiskā lidosta Rīga VAS,

Air Baltic Corporation AS

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der flyLAL-Lithuanian Airlines AS, in Insolvenz, vertreten durch R. Audzevičius, advokatas, sowie durch V. Skrastiņš und A. Gulajevs, advokāti,
  • der Starptautiskā lidosta Rīga VAS, vertreten durch U. Zeltiņš, G. Lejiņš, M. Aljēns, S. Novicka und K. Zīle, advokāti,
  • der Air Baltic Corporation AS, vertreten durch J. Jerņeva, D. Pāvila und A. Lošmanis, advokāti, sowie durch J. Kubilis, advokāta palīgs,
  • der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kalniņš und I. Ņesterova als Bevollmächtigte,
  • der litauischen Regierung, vertreten durch A. Svinkūnaitė und D. Kriaučiūnas als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Sauka, A.-M. Rouchaud-Joët und I. Rubene als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 3. Juli 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1, Art. 22 Nr. 2, Art. 34 Nr. 1 und Art. 35 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der flyLAL-Lithuanian Airlines AS, in Insolvenz (im Folgenden: flyLAL), einer Gesellschaft litauischen Rechts, auf der einen Seite, und der Starptautiskā lidosta Rīga VAS (im Folgenden: Starptautiskā lidosta Rīga), einer Gesellschaft lettischen Rechts, die den Flughafen von Riga (Lettland) betreibt, und der ...

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