Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Bezeichnungen von Textilfasern und damit zusammenhängende Anforderungen an die Etikettierung und Kennzeichnung. Reine Textilerzeugnisse. Multifaser-Textilerzeugnisse. Art und Weise der Etikettierung und Kennzeichnung
Normenkette
Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 Art. 7, 9
Beteiligte
Verein für lauteren Wettbewerb |
Verein für lauteren Wettbewerb e. V |
Tenor
1. Art. 4 und Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 über die Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 73/44/EWG des Rates und der Richtlinien 96/73/EG und 2008/121/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Verbindung mit dem zehnten Erwägungsgrund dieser Verordnung sind dahin auszulegen, dass sie eine allgemeine Verpflichtung begründen, sämtliche Textilerzeugnisse, auch Textilerzeugnisse im Sinne von Art. 7 dieser Verordnung, zur Angabe ihrer Faserzusammensetzung zu etikettieren oder zu kennzeichnen.
2. Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1007/2011 ist dahin auszulegen, dass er nicht zur Verwendung eines der drei in dieser Bestimmung genannten Zusätze „100 %”, „rein” oder „ganz” auf dem Etikett oder der Kennzeichnung eines reinen Textilerzeugnisses verpflichtet. Werden diese Zusätze verwendet, kann dies in kombinierter Form geschehen.
3. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1007/2011 ist dahin auszulegen, dass die Verpflichtung, auf dem Etikett oder der Kennzeichnung die Bezeichnung und den Gewichtsanteil aller in dem fraglichen Textilerzeugnis enthaltenen Fasern anzugeben, für ein reines Textilerzeugnis nicht gilt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 18. Mai 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juni 2017, in dem Verfahren
Verein für lauteren Wettbewerb e. V.
gegen
Princesport GmbH
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, der Richter E. Levits und A. Borg Barthet, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) sowie des Richters F. Biltgen,
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Vereins für lauteren Wettbewerb e. V., vertreten durch Rechtsanwältin I. Siegfried,
- der Princesport GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt M. Liesen,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und S. Eisenberg als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und A. Kasalická als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Petersen und D. Kukovec als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 über die Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 73/44/EWG des Rates und der Richtlinien 96/73/EG und 2008/121/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 272, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen dem Verein für lauteren Wettbewerb e. V., einem Verein mit dem Zweck der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, und der Princesport GmbH wegen der Anforderungen an die Etikettierung oder die Kennzeichnung von durch Princesport im Internet beworbenen und vertriebenen Textilerzeugnissen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Der zehnte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1007/2011 lautet:
„Die Etikettierung oder die Kennzeichnung der Faserzusammensetzung sollte zwingend sein, damit für alle Verbraucher in der Union gewährleistet ist, dass sie korrekte und einheitliche Informationen erhalten. Diese Verordnung sollte die Wirtschaftsakteure jedoch nicht hindern, zusätzlich das Vorhandensein geringfügiger Anteile an Fasern anzugeben, auf die besonders zu achten ist, damit die ursprüngliche Qualität des Textilerzeugnisses erhalten bleibt. Bei Textilerzeugnissen, deren Faserzusammensetzung zum Zeitpunkt der Herstellung technisch schwierig zu bestimmen ist, sollten lediglich die zum Zeitpunkt der Herstellung bekannten Fasern auf dem Etikett oder der Kennzeichnung angegeben werden müssen, sofern sie einen bestimmten prozentualen Anteil des Enderzeugnisses ausmachen.”
Rz. 4
In Art. 1 dieser Verordnung heißt es:
„In dieser Verordnung sind die Vorschriften für die Verwendung von Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen … festgelegt, um...