Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Verbraucherkredit. Im Vertrag anzugebende Informationen. Nationale Rechtsvorschriften, in denen eine Pflicht vorgesehen ist, für jede Zahlung die Aufteilung nach Kapitaltilgung, Zinsen und Entgelten anzugeben
Normenkette
Richtlinie 2008/48/EG Art. 10 Abs. 2 Buchst. h, i sowie Abs. 3
Beteiligte
Tenor
1. Art. 10 Abs. 2 Buchst. h bis j der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ist in Verbindung mit deren Art. 22 Abs. 1 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach in einem Kreditvertrag jede Rückzahlung nach gegebenenfalls Kapitaltilgung, Zinsen und sonstigen Kosten im Einzelnen aufzuschlüsseln ist.
2. Art. 10 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 sind in ihrer Auslegung durch das Urteil vom 9. November 2016, Home Credit Slovakia (C-42/15, EU:C:2016:842), auf einen Kreditvertrag wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden anwendbar, der vor Verkündung dieses Urteils und vor einer Änderung der nationalen Regelung zur Anpassung an die in diesem Urteil vorgenommene Auslegung geschlossen wurde.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Krajský súd v Prešove (Regionalgericht Prešov, Slowakei) mit Entscheidung vom 5. April 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Mai 2018, in dem Verfahren
TE
gegen
Pohotovost s. r. o.
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader sowie der Richter A. Rosas und M. Safjan (Berichterstatter),
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Pohotovost s. r. o., vertreten durch J. Fuchs,
- der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Tokár, G. Goddin und C. Valero als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 10 Abs. 2 Buchst. h und i sowie Abs. 3 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, und Berichtigungen ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen TE und der Pohotovost s. r. o. wegen deren Haftung aufgrund fehlender Angaben zur Aufschlüsselung jeder Rückzahlung nach Kapitaltilgung, Zinsen und gegebenenfalls zusätzlichen Kreditkosten in einem Kreditvertrag.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 9, 19, 30 und 31 der Richtlinie 2008/48 heißt es:
„(9) Eine vollständige Harmonisierung ist notwendig, um allen Verbrauchern in der Gemeinschaft ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um einen echten Binnenmarkt zu schaffen. Den Mitgliedstaaten sollte es deshalb nicht erlaubt sein, von dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen. Diese Einschränkung sollte jedoch nur in den Fällen gelten, in denen Vorschriften durch diese Richtlinie harmonisiert werden. Soweit es keine solchen harmonisierten Vorschriften gibt, sollte es den Mitgliedstaaten freigestellt bleiben, innerstaatliche Rechtsvorschriften beizubehalten oder einzuführen. …
…
(19) Damit der Verbraucher in voller Sachkenntnis entscheiden kann, sollten ihm vor dem Abschluss des Kreditvertrags ausreichende Informationen über die Bedingungen und Kosten des Kredits sowie über die Verpflichtungen, die er mit dem Vertrag eingeht, gegeben werden, die er mitnehmen und prüfen kann. …
…
(30) Diese Richtlinie regelt nicht Aspekte des Vertragsrechts, die die Wirksamkeit von Kreditverträgen betreffen. Daher können die Mitgliedstaaten in diesem Bereich mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehende innerstaatliche Bestimmungen beibehalten oder einführen. Die Mitgliedstaaten können die Rechtsvorschriften für Angebote über den Abschluss eines Kreditvertrags festlegen, insbesondere den Zeitpunkt, an dem ein solches Angebot abgegeben wird und den Zeitraum, während dessen es für den Kreditgeber bindend sein soll. Wird ein Angebot zum selben Zeitpunkt abgegeben wie die vorvertragliche Information gemäß dieser Richtlinie, so sollte es wie alle weiteren Informationen, die der Kreditgeber dem [Verbraucher] erteilen möchte, in einem gesonderten Dokument überreicht werden, das dem Formular ‚Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite’ beigefügt werden kann.
(31) Alle notwendigen Informationen über die Rechte und Pflichten, die sic...