Entscheidungsstichwort (Thema)
Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Nationale Regelung, wonach bei anderen Arbeitgebern als dem Land Salzburg zurückgelegte Dienstzeiten nur teilweise angerechnet werden. Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Rechtfertigungsgründe. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses. Ziel der Bindung. Verwaltungsvereinfachung. Transparenz
Normenkette
AEUV Art. 45; Verordnung (EU) Nr. 492/2011 Art. 7 Abs. 1
Beteiligte
Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH |
Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH |
Tenor
Die Art. 45 AEUV und 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der die von den Dienstnehmer/-innen einer Gebietskörperschaft ununterbrochen bei ihr zurückgelegten Dienstzeiten bei der Ermittlung des Stichtags für die Vorrückung in höhere Entlohnungsstufen in vollem Ausmaß, alle anderen Dienstzeiten dagegen nur teilweise berücksichtigt werden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landesgericht Salzburg (Österreich) mit Entscheidung vom 23. Oktober 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 14. November 2012, in dem Verfahren
Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH
gegen
Land Salzburg
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter),
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Zentralbetriebsrats der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt C. Mahringer,
- des Landes Salzburg, vertreten durch Rechtsanwältin I. Harrer-Hörzinger und P. Sieberer, Prozessbevollmächtigter,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer und M. Winkler als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze, K. Petersen und A. Wiedmann als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren, V. Kreuschitz und F. Schatz als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 45 AEUV und 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH und dem Land Salzburg wegen der teilweisen Anrechnung von Dienstzeiten, die Dienstnehmer des Landes Salzburg bei anderen Arbeitgebern zurückgelegt haben, bei der Festsetzung des Arbeitsentgelts.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 sieht vor:
„Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf auf Grund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.”
Österreichisches Recht
Rz. 4
§ 1 des Salzburger Landesbediensteten-Zuweisungsgesetzes (LGBl. 119/2003) lautet:
„(1) Landesbedienstete, die am Tag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in
- der Holding der Landeskliniken Salzburg oder
- in einem der Holding zugeordneten Bereich (St Johanns-Spital – Landeskrankenhaus, Christian-Doppler-Klinik – Landesnervenklinik, Landeskrankenhaus St Veit im Pongau, Institut für Sportmedizin, Zentral- und Servicebereiche, Bildungszentrum)
beschäftigt waren, werden unter Wahrung ihrer Rechte und Pflichten mit Inkrafttreten dieses Gesetzes als Landesbedienstete mit ihrem derzeitigen Dienstort der Gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden kurz [SALK]) zur dauernden Dienstleistung zugewiesen.
(2) Soweit nicht Abweichendes bestimmt ist, sind Landesbedienstete im Sinn dieses Gesetzes Beamte … und Vertragsbedienstete … des Landes Salzburg.”
Rz. 5
§ 3 dieses Gesetzes bestimmt:
„(1) Die Geschäftsführung der [SALK] ist ermächtigt, das zur Besorgung der Aufgaben der [SALK] nach Maßgabe des Dienstpostenplans … erforderliche Personal für das Land Salzburg und im Namen des Landes Salzburg … aufzunehmen.
(2) Personen, die gemäß Abs. 1 aufgenommen wurden, sind Vertragsbedienstete des Land...