Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen. Vorzeitige Altersrente. Anspruch. Betrag der zu beziehenden Rente, der den gesetzlichen Mindestbetrag übersteigen muss. Berücksichtigung lediglich der in dem betreffenden Mitgliedstaat erworbenen Rente. Nichtberücksichtigung der in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Rente. Unterschiedliche Behandlung für Erwerbstätige, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausgeübt haben

 

Normenkette

EGV Nr. 883/2004

 

Beteiligte

Bocero Torrico

Antonio Bocero Torrico

Jörg Paul Konrad Fritz Bode

Instituto Nacional de la Seguridad Social

Tesorería General de la Seguridad Social

 

Tenor

Art. 5 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der als Voraussetzung für den Anspruch eines Arbeitnehmers auf eine vorzeitige Altersrente der Betrag der zu beziehenden Rente die Mindestrente übersteigen muss, die der Arbeitnehmer nach dieser Regelung bei Erreichen des gesetzlichen Rentenalters erhalten würde, wobei unter der „zu beziehenden Rente” nur die von diesem Mitgliedstaat zu zahlende Rente zu verstehen ist, nicht aber eine Rente, die dieser Arbeitnehmer aufgrund einer gleichartigen Leistung möglicherweise von einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten bezieht.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Galicia (Obergericht Galicien, Spanien) mit Entscheidungen vom 25. Mai und vom 13. Juni 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 15. und am 28. Juni 2018, in den Verfahren

Antonio Bocero Torrico (C-398/18),

Jörg Paul Konrad Fritz Bode (C-428/18)

gegen

Instituto Nacional de la Seguridad Social,

Tesorería General de la Seguridad Social

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin L. S. Rossi sowie der Richter J. Malenovský und F. Biltgen (Berichterstatter),

Generalanwalt: G. Hogan,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Herren Bocero Torrico und Bode, vertreten durch J. A. André Veloso und A. Vázquez Conde, abogados,
  • des Instituto Nacional de la Seguridad Social und der Tesorería General de la Seguridad Social, vertreten durch P. García Perea, R. Dívar Conde und L. Baró Pazos, letradas,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch L. Aguilera Ruiz als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Ruiz García, D. Martin und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Juli 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 48 AEUV sowie der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, berichtigt in ABl. 2004, L 200, S. 1).

Rz. 2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zwischen den Herren Antonio Bocero Torrico und Jörg Paul Konrad Fritz Bode auf der einen und dem Instituto Nacional de la Seguridad Social (Staatliche Sozialversicherungsanstalt, Spanien) (im Folgenden: INSS) sowie der Tesorería General de la Seguridad Social (Allgemeine Kasse der Sozialversicherung, Spanien) auf der anderen Seite über die Ablehnung ihres Antrags auf Bezug einer vorzeitigen Altersrente.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Der neunte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 883/2004 lautet:

„Der Gerichtshof hat mehrfach zur Möglichkeit der Gleichstellung von Leistungen, Einkünften und Sachverhalten Stellung genommen; dieser Grundsatz sollte explizit aufgenommen und ausgeformt werden, wobei Inhalt und Geist der Gerichtsentscheidungen zu beachten sind.”

Rz. 4

In Art. 1 Buchst. × der Verordnung Nr. 883/2004 ist der Begriff „vorgezogene Leistung wegen Alters” definiert als eine Leistung, die vor dem Erreichen des Lebensalters, ab dem üblicherweise Anspruch auf Rente entsteht, gewährt und nach Erreichen dieses Lebensalters weiterhin gewährt oder durch eine andere Leistung bei Alter abgelöst wird.

Rz. 5

Gemäß ihrem Art. 3 Abs. 1 Buchst. d gilt die Verordnung Nr. 883/2004 für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die u. a. „Leistungen bei Alter” betreffen.

Rz. 6

Art. 4 („Gleichbehandlung”) der Verordnung Nr. 883/2004 lautet:

„Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.”

Rz. 7

Art. 5 („Gleichstellung von Leistungen, Einkünften, Sachverhalten oder Ereignissen”) der Verordnung Nr. 883/2004 sieht vor:

„Sofern in dieser Verordnung nicht anderes bestimmt is...

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